Rezension zu »Das Liebesspiel« von Dawn Tripp

Das Liebesspiel

von


Belletristik · Arche · · Gebunden · 316 S. · ISBN 9783716026632
Sprache: de · Herkunft: us

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Familiengeheimnisse, dreifacher Wortwert

Rezension vom 02.07.2012 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Jeden Freitag treffen sich Ada (80) und Jane (60) zum Scrabble-Spiel. Für die beiden ist es mehr als das geschickte Legen der Buchstabensteine: Es ist auch ein Austausch nie gesprochener Worte, einer Geschichte, "die man nicht erzählen kann". Geduldig wartet man ab, bis man den richtigen Buchstaben hat, um ihn waagerecht oder senkrecht anzulegen. Ada liebt die "Kaventsmänner", lange Wörter. Jane liebt die "Fitzelchen", einzelne Buchstaben, die sie mit schon vorhandenen verbindet, damit das Brett zugelegt und Ada eingeengt wird.

Dawn Tripps Roman "Liebesspiel" ("Game of secrets", übersetzt von Andrea Fischer) empfinde ich als dem Spiel sehr ähnlich. Man muss Steine sammeln, einzelne anfügen, um Sinngeflechte herzustellen, aber auch Worte ohne Bedeutung ergänzen – "do", "xi", "ur" ...

Ada Varick ist nicht nur 20 Jahre älter als Jane, sie hat sogar einst mit Janes Vater Luce Weld ein Verhältnis gehabt. Wie mag es zu dieser seit Jahren bestehenden Freundschaft über eine Generation hinweg gekommen sein? Schon im Klappentext erfahren wir, dass Luce plötzlich verschwand, nachdem Adas Ehemann Silas von dem Liebesverhältnis Wind bekommen hatte. Später fand man in einer Kiesgrube einen Schädel mit Einschussloch ...Silas, einem jähzornigen Alkoholiker, der Ada regelmäßig verprügelte, traut man diesen Rachemord zu. Doch bewiesen wurde seine Schuld nie. Glaubt Jane tatsächlich, in den Treffen mit Ada dieses seit 40 Jahren ungelöste Geheimnis lüften zu können? Eigentlich müsste sie Ada abgrundtief hassen.Es gibt noch mehr Bande, die die beiden Familien verbinden. Adas Sohn Huck hat immer für Jane geschwärmt, wusste jedoch, dass sie für ihn unerreichbar war. Schließlich heiratet Jane Carleton Dyer – der sie nur deswegen nimmt, weil es keine andere gab ...Jane und Carleton Dyers gemeinsame Tochter Marne verlässt nach der Highschool das elterliche Haus, um in New York zu studieren. Was hat sie vertrieben? Schon bald gibt sie auf, jobbt nachts als Kellnerin. Weder findet sie einen festen Partner, noch bleibt sie sesshaft. Zuletzt lebt sie in Los Angeles, als sie von ihrem älteren Bruder telefonisch gebeten wird, nach Hause zu kommen. Da ist Marne mittlerweile 30 Jahre alt, und bleiben will sie auch dieses Mal nicht. Ist ihre Mutter dement? Schon am Anfang des Romans lesen wir von einem "Aussetzer", gegen den sie nichts tun kann. An anderer Stelle heißt es, das heutige Scrabble-Match könnte das "letzte" sein. Findet es vielleicht nur in Janes Gedankenwelt, in ihrer Erinnerung statt?Marne hasst Adas Sohn Huck, den ewigen Taugenichts. Der Prolet kann bis heute nicht verstehen, "warum das Leben ihm kein Gold auf den Kopf geschissen hat". Aber für seinen Bruder Ray, der 12 Jahre älter als Marne ist, hat sie immer schon geschwärmt. Nun ist er 42 Jahre alt, wird bald geschieden sein und hat eine Tochter. Wie elektrisiert ist Marne, als sie ihn jetzt nach Jahren zum ersten Mal wiedersieht, und auch Ray fühlt sich zu Marne hingezogen. Doch sein Kumpel Alex hat Jane schon früh eingebläut, sie könne tun, was sie wolle, "aber vögel niemals mit einem meiner Freunde" ...Zwei Familien, zwei Frauen, ihre Beziehungen, ihre Geheimnisse, der Tod des Vaters Luce, der erst der Anfang ist und noch weitere Verluste nach sich ziehen wird – diese Steine legen das Gitter des Romans.Stilistisch bietet der Text zwei Ebenen: Einerseits schreibt die Autorin Dawn Tripp ihren Figuren schnodderige Umgangssprache auf den Leib ("labern", "Armleuchter" ...); andererseits strebt Marne nach Höherem. Sie hebt gern ab, steigt in luftig-leichte poetische Wolken empor, zitiert häufig aus den zahlreichen Büchern, die sie gelesen hat ("Wer hat geschrieben, die Seele sei nicht mehr als ein gelegentlicher Ausbruch des Geistes? Eine Sehnsucht, nicht unähnlich einem Sonnenstrahl, der durch Staubflocken dringt und ihnen den Anschein verleiht, mehr zu sein, als sie wirklich sind."). Man schwebt anfangs gern mit ihr dahin. Doch irgendwann ist's genug der Lyrik; man möchte wieder auf den Boden der Tatsachen, nicht mehr interpretieren, hinterfragen müssen. Schließlich wird der sprachliche Gaumenkitzel bitter, man kommt nicht recht weiter, Frust stellt sich ein ...Der Roman besteht aus sieben Teilen und deren Unterkapiteln, in denen Jane und ihre Tochter Marne aus der Ich-Perspektive des Jahres 2004 erzählen; Jane (in kleinen Passagen auch Luce und Huck) liefern Ereignisse der entfernteren Vergangenheit (1962 und 1957).Am Ende bleiben noch etliche Felder unseres Scrabble-Bretts unbesetzt – zwischen den Wörtern ungenutzte Lücken, die Geheimnisse offen lassen, rätselhaft bleiben.


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