
Und der Haifisch, der hat Zähne ...
Mit einer dramatischen Szene beginnt die Leseprobe. Nachts versucht ein Wachmann einen leblosen Körper, der am Kai eines Fjordes liegt, aus dem Wasser zu ziehen. Ein junger Mann kommt ihm zu Hilfe und bemerkt, dass weiter draußen im Wasser noch eine Person schwimmt. Intuitiv springt der junge Mann ins eiskalte Wasser, packt den in Not Geratenen an den Haaren und zieht ihn an Land. Krankenwagen und Polizei sind schnell zur Stelle, die Ärzte übernehmen die Direktversorgung. Der Lebensretter leidet heftig an Unterkühlung, während der Gerettete sich stotternd beschwert, ob man ihn habe skalpieren wollen.
Die Situation wird immer absurder: Unglücklicherweise stolpert der Lebensretter beim Aufstehen über die Bahre, auf der der Leichnam ruht. Der rutscht herab und kommt direkt auf dem unbekleideten jungen Mann zum Stillstand. Welch ein Horrorbild: die beiden Körper wie ein Liebespaar beim Austausch eines Kusses ...
Nicht weniger makaber geht es beim Weihnachtsabend der Familie des Kommissars zu. Mutter Inger Johanne Vik, Vater Yngvar Stubø, ihre beiden Kinder Kristiane und Ragnhild sowie die Großeltern feiern gemeinsam. Statt der traditionellen Schweinerippe wird dieses Jahr Kabeljau serviert. Vater Yngvar nimmt den Kabeljaukopf, saugt das Auge aus und kaut nachdenklich darauf herum. Offenbar eine köstliche Delikatesse! Tischthema ist die kürzlich aus dem Wasser gezogene unbekannte Leiche. Die fünfjährige Ragnhild will alles ganz genau wissen: Menschen essen Fische, aber es kann doch auch umgekehrt sein ... Nach einiger Zeit im Wasser sieht eine Leiche aufgedunsen aus. Wie ein Ballon?
Am späten Abend erfährt Kommissar Stubø durch einen Anruf, dass man die Bischöfin Lysgaard erstochen habe. Warum war sie am Heiligen Abend in der Finsternis unterwegs? Aus einem kurzen Texteinschub erfährt der Leser, dass sie einen Pakt mit ihrem Mann Erik und Jesus geschlossen hatte; das wäre ihr einziger Ausweg aus all ihren Schwierigkeiten gewesen ...
In schneller Satzfolge und atmosphärisch dicht beschreibt die Autorin Anne Holt das Handlungsgeschehen. Der Weihnachtsabend mit den betulichen Großeltern und den aufgeweckten Kindern ist nicht zu toppen. Man stelle sich vor, wie die kleine Ragnhild den Fischkopf vom Teller des Vaters nimmt, ihn auf die Nase stülpt und durch die leeren Augenhöhlen schaut! Dazu singt ein Chor festliche Weihnachtslieder.
Absolut genial geschrieben, spannend und voller unerwarteter, fantasievoller, noch nicht abgedroschener Handlungsmuster wird dieser Krimi abgehen wie die Feuerwehr! Verpassen Sie ihn nicht.