
Der Sucher nach wahren Freunden
Unser Ich-Erzähler, Maxwell, ist schon eine arme Socke. Aus dem warmen Australien ist er ins ungemütliche England gezogen. Da fühlt er sich so einsam, dass ihn schon ein freundlicher Blickkontakt glücklich machen könnte. So sitzt er auf einer Parkbank und schaut auf all die vorbei eilenden Menschen. Keiner nimmt ihn wahr.
Endlich! Ein junger Mann kommt direkt auf ihn zu: "Er könnte der Richtige sein." Max durchlebt schon das zukünftige Gespräch. Der Jeansträger hat sich wahrscheinlich verlaufen, wird ihn nach dem Weg fragen, und er wird ihm alle Möglichkeiten aufzählen ... "Handy her! Und schau mir ja nicht ins Gesicht!" Die so ganz anders eingetretene Kontaktaufnahme war wohl eher ein Flop.
Aber nach kurzer Zeit kehrt eben dieser junge Mann zurück. "Verdammte Scheiße! Wie komm' ich von hier zum Bahnhof?" Beim Klang dieser Worte geht Maxwell das Herz auf, und gerne gibt er ihm die Wegbeschreibung. "War mir ein Vergnügen." Herrlichster schwarzer Humor!
Nach einer dreiwöchigen Abwesenheit kehrt Maxwell nach Hause zurück. Er ist sich sicher, dass zwar unpersönliche, aber dennoch herbeigesehnte Nachrichten auf ihn warten. Das Telefon: Frust - fünf entgangene Nachrichten. Aber seine siebzig Freunde bei Facebook haben sicher fleißig geschrieben: Ihm kommen die Tränen - keine Nachrichten. Nur sein Email-Postfach ist voll: 137 Spams, Werbung von Porno- und Pharmaseiten ... Auch die nimmt er sich zu Herzen: Er ist bisher noch nie auf den Gedanken gekommen, sein "Teil" könnte zu klein geraten sein ...
Elf Jahre lang war Max mit Caroline verheiratet. Auf der Internetplattform "Mumsnet" surfte sie täglich stundenlang und tauschte sich mit anderen Frauen in -zig Threads über alles Mögliche aus. Um überhaupt mit seiner Frau Kontakt zu haben, meldete sich auch Max auf dieser Seite an. So wurde er als Liz Hammond unter dem Usernamen "SouthCoastLizzie" zur Freundin seiner Frau. Sie antwortete ihm so einfühlsam, mit einer solchen Offenheit und Zuneigung, wie sie mit ihm nie gesprochen hatte ...
Max, der Sucher nach dem wahren Freund, ist gutgläubig, sensibel und naiv. Seine Frau hält ihn für altmodisch, für unfähig, sich im 21. Jahrhundert im Licht der neuen Technologien zurechtzufinden. Aber er ist willens, an seiner Intellektualität zu arbeiten, sein Bewusstsein zu erweitern. Der Autor hat einen liebenswerten Charakter geschaffen - einen wahren Ritter der traurigen Gestalt. Durch ihn lässt er Orte, Menschen und, wie diese Leseprobe zeigt, den Wahnsinn des Internets analysieren.
Eine bemerkenswerte Leseprobe: sprachlich nuancenreich, amüsant, unterhaltsam - und humorvoll verpackte Kritik an den Errungenschaften unserer Zeit!