Die Ruhe vor dem Sturm
Familie Jones wohnt in einem Landhaus im heute begehrten Stadtteil South Boston. Mutter Sandra ist Lehrerin, Vater Jason ist Reporter, und Clarissa, genannt Ree, ist gerade mal vier Jahre alt. Das Familienleben ist bestens organisiert. Die Eltern haben Arbeitszeiten, die ihnen die Möglichkeit geben, immer für ihr Kind da zu sein. An diesem Abend – der der letzte in ihrem Leben sein wird – spult Sandra mit ihrer Tochter das gewohnte Ritual vorm Zubettgehen ab, und bald schläft Ree. Sandra korrigiert noch ein paar Hefte und bereut, wie idiotisch sie sich in letzter Zeit verhalten hat. Sie hat aber auch alles verbockt. Wie schnell kann sich Liebe in Hass verkehren, Begehren in Besessenheit ...
Nachdem sie ihr Haus wie Fort Knox gesichert hat, geht auch sie zu Bett. Ein liebes Gesicht schaut durch die Tür, Sandra verspürt Lust, es zu streicheln – doch jetzt darf sie nicht schreien, denn die Hand der Gestalt hält ein Messer.
Als Jason Jones nach Hause kommt, ist seine Frau verschwunden.
Seine Vermisstenmeldung wird unmittelbar an Sergeant Detective D. D. Warren, die Leiterin der Mordkommission, weitergeleitet. Sie trifft den Kollegen vor Ort, der ihr seine ersten Eindrücke schildert: Keine Einbruchsspuren, Handtasche und Auto der Frau sind vorhanden, einzig die Nachttischlampe ist zerbrochen, und die Steppdecke fehlt. Ehemann Jason ist ein unangenehmer und absolut nicht kooperationsbereiter Typ.
D. D. Warren vermutet Eheprobleme. Aber warum sollte man seine Frau umbringen, statt nach altmodischer Manier eine Scheidung durchzuziehen?
Ist sie auf der richtigen Spur? Sandras geheimnisvolles Verschwinden wirft viele Fragen auf, doch noch herrscht Ruhe vor dem Sturm.
Gut gefallen hat mir die ausgiebige Charakteristik der Ermittlerin D. D. Warren, einer alleinstehenden, arbeitsbesessenen Frau. Sie wohnt in einem Loft und liebt All-you-can-eat-Buffets. Wenn sie früh am Morgen noch im Bett liegt, gehen ihr schon alle Arten von Delikatessen durch den Kopf, bis ihr (und dem Leser) das Wasser im Munde zusammenläuft ... Und verdammt, sie hat auch noch ganz andere Gelüste: Sie will mal richtig flachgelegt werden. In dieser Frau steckt Leben!
"Ohne jede Spur" ist reizvoll zu lesen – eine tolle Mixtur aus einem sicher spannenden Handlungsfaden und sehr individuellen Protagonisten, die witzig und voller Esprit für gute Unterhaltung sorgen.