Jeder stirbt seinen eigenen Tod
Ein entsetzlicher, unheimlicher Tatort: ein mittelalterliches Verlies, an dessen Mauern schwere Eisenketten hängen und dessen Luft schwer ist von feuchtem, muffigem Uringestank ...
Ein sadistischer Mörder: Mir fehlen die Worte, um sachlich wiederzugeben, wie der Autor Chris Carter einen wehrlosen Mann foltern lässt. Dem gibt der Henker ein paar besinnliche Gedanken mit auf den letzten Weg: Nur eins sei sicher im Leben – der Tod; doch auf welche Art und Weise der eintritt, darin gebe es große Unterschiede. Nachdem er dem blutüberströmten Mann ein Foto gezeigt hat, enthauptet er ihn mit einem schnellen, sauberen Hieb.
Ein unschuldiges (?) Opfer: Ein Ministrant findet Vater Fabian (den Priester) vor dem Beichtstuhl der kleinen Kirche in einer Blutlache liegend. Der Anblick traumatisiert den Jungen, denn wo eigentlich der Kopf des Toten sein sollte, hat der Mörder den Kopf eines Hundes in den Halsstumpf der Leiche gerammt.
Ein fähiges Ermittlerteam: Unter Leitung von Robert Hunter, dem fähigsten und erfahrensten Detective des Morddezernats in Los Angeles, werden die Ermittlungen aufgenommen. Spurensicherung, Kriminaltechniker und ein Forensiker halten die ersten Ergebnisse fest. Der Altar ist mit Blutflecken übersät. Der Täter hat mit Hilfe einer Kerze und eines mit Blut gefüllten goldenen Kelches eine kreisförmige Spur hinterlassen – eine eindeutige Botschaft. Überdies muss der Täter – die Lippenspuren am Kelch sind nicht zu übersehen – vom Blut seines Opfer getrunken haben ...
Nach all den vielen Krimis, die ich im Laufe meines Lebens gelesen habe, frage ich mich, ob es manchen Autoren um eine Art Wettkampf im Erfinden der sadistischsten Folterungen gehen könnte, der sie anspornt, immer abstrusere Phantasien zu entwickeln. Natürlich ist man als Leser, zumal das Buch so grausam beginnt, sofort völlig aufgewühlt. Die normalerweise zu erwartende menschliche Reaktion wäre doch eigentlich, an dieser Stelle abzubrechen: Nein, das reicht mir; davon möchte ich nun wirklich nicht noch mehr wissen. Und doch beobachte ich an mir selbst (mit Schrecken) , dass man sich nicht vor Grausen abwendet: Die Sensationslust, die Gier nach mehr ist stimuliert, der Adrenalinspiegel steigt.
"Der Vollstrecker" scheint mir ein ganz harter Krimi zu werden – nichts für zart besaitete Seelen!