
Die Natur ist voller Wunder
Wir befinden uns im späten 18. Jahrhundert. Die 19-jährige Mary ist Botanikerin. Zeit ihres Lebens hat sie ihren Vater auf Exkursionen ins Umland begleitet. Sie hatten Kleinsttiere gefangen, Blätter, Muscheln und vieles mehr gesammelt, ausgewertet, geordnet, katalogisiert und in Vaters Naturalienkabinett oder in Glasschränken zur Ansicht ausgestellt und archiviert.
Täglich läuft Mary zum Hafen von Plymouth. Seit 187 Tagen ist ihr Vater nun schon verschollen. Das große Segelschiff, mit dem er zu einer Forschungsreise aufbrach, zerschellte am Kap Horn.
Seit Vater fort ist, lebt Mary bei seiner Schwester, ihrer Tante. Diese hat nun die verantwortungsvolle Aufgabe, ihre Nichte gut zu verheiraten. Sie denkt dabei an den reichen Bankierssohn James Canaughy und lädt zu einem festlichen Dinner. Doch Mary ist, als sie traurig vom Hafen zurückkehrt, nicht in der Stimmung, an der heiteren Gesellschaft teilzunehmen. Stattdessen flüchtet sie in Erinnerungen, inmitten Vaters geliebten Kabinetts. Ein junger Mann, Landon, ist ihr gefolgt. Sie spürt, welche Absichten er hegt, und weiß, dass sie die Regeln des Anstands verletzt, wenn sie sich allein mit ihm hier aufhält. Ihm wird sie ebenso wenig wie James ihre Hand reichen. Zur Hausfrau ist sie ohnehin nicht geboren: Sie will forschen und auf Reisen gehen.
Im Hafen liegt die Sailing Queen. Sir Belham, Forscher und Freund ihres Vaters, wird bald in See stechen. Mary will sich mit einer wissenschaftlichen Mappe bewerben. Doch sie trifft nur seine Seemänner an, und deren Auskünfte sind eindeutig: Ein Weibsbild an Bord – sie sei wohl nicht recht bei Trost. Das hämische Gelächter klingt noch lange nach ...
Aus dem Klappentext erfährt der Leser, dass sie sich als Mann verkleidet an Bord schmuggeln wird. Nur so konnte man zu jener Zeit gegen die beengenden Konventionen einen neuen Weg gehen. Dies sind die ersten Schritte hin zur Emanzipation der Frauen. Am Ende des Romans wird Marys Geheimnis gelüftet werden, und die dominierende Männerwelt wird ihre hervorragende Forschungsarbeit anerkennen müssen.
Liv Winterberg hat in Mary eine starke, kluge Protagonistin geschaffen. Die Autorin verbindet die Abenteuer einer Frau, die unter lauter Männern über die Weltmeere segelt, mit sehr viel Wissenswertem über die Arbeit einer Botanikerin. Lesenswert!