Jeder kehre vor seiner eigenen Tür ...
In dem Mietshaus in der Stadt, in dem Sara und Björn wohnten, gab es ständig Ärger. Jetzt haben sie die Konsequenz gezogen und sind aufs Land gezogen. Die beiden sind grundverschieden: Björn ist ein Stadtmensch, während Sara die Natur liebt und sich nun in dem verwilderten Garten des frisch renovierten alten Hauses nach Herzenslust austoben kann.
Auch ihre Katze Mischka würde sich hier sauwohl fühlen, wäre da nicht Nachbars Kater Alexander, der hier seit Jahren Wohnrecht genießt und schon ganz andere Katzen deutlich hat spüren lassen, wer sozusagen der Platzhirsch im Gelände ist.
In Alexanders Hierarchie stehen allenfalls noch Agneta und Lars über ihm, aus menschlicher Sicht seine Besitzer, aus seiner eigenen Perspektive hingegen eher seine Gastgeber, Betreuer oder Bediensteten. Sie wohnen nebenan und erweisen sich auch ihren Mitmenschen gegenüber als ausgesprochen gastfreundschaftlich. Als sie bei Sara und Björn klingeln, stellen sie sich fröhlich vor und heißen ihre neuen Nachbarn herzlich willkommen. Sie haben sogar Selbstgebackenes mitgebracht.
Doch Mischka kann sich nicht recht eingewöhnen. Der grau getigerte Alexander setzt ihr derart zu, dass sie sich bald nicht mehr nach draußen traut und bei jeder Gelegenheit gereizt ihre Krallen ausfährt.
Ganz ähnlich verkrampft auch das anfangs harmonische Verhältnis zwischen den beiden Ehepaaren. Dass Sara am Morgen mit Lars joggt und sich überhaupt gut mit ihm versteht, missfällt Agneta mehr und mehr. Derlei kleine – Eifersüchteleien vergiften zunehmend die Atmosphäre. Das Fass läuft über, als Agneta ihren Nachbarn einen Spitzenvorhang fürs Badezimmerfenster hinüberbringt, um ein Zeichen zu setzen, der befürchteten Entwicklung ein Ende zu machen: "Es ist bestimmt angenehmer für Björn und dich zu wissen, dass niemand euch beobachtet, wenn ihr im Badezimmer seid. Und für mich und Lars ist es auch besser so." Das ist des Guten zuviel – eine so direkte Einmischung in ihre Privatsphäre wurmt Sara; den Vorhang schmeißt sie in die Tonne. Wie nicht anders zu erwarten, eskaliert die Situation, bis sie am Schluss eine völlig unerwartete Wendung nimmt und gar eine kriminalistische Note hinzutritt …
Diese kleine Erzählung widmet sich also dem schwierigen Zusammenleben unterschiedlicher Katzen und Menschen; weder entwirft die Autorin darin eine ganz heile Welt noch problematisiert sie große Themen. "Zauberhaft" nennt der Klappentext die Geschichte, und die ansprechende Aufmachung unterstreicht diesen Charakter: Das Büchlein ist in feines lindgrünes Leinen gebunden, geschützt von einem Umschlag, der uns in sonnenwarmen Farben entgegen leuchtet; und wie niedlich das Kätzchen da blinzelt, die Pfötchen entspannt auf dem rustikalen Fensterrahmen ruhen … Im Inneren begegnet es uns immer wieder: in schlichten Kohlezeichnungen von Inka Hagen, die hübsch anzusehen sind. Die liebevolle Gestaltung macht die harmlose Erzählung zum idealen Geschenk, mit dem man wirklich nichts falsch machen kann: Ein unterhaltsames, unbeschwert zu genießendes Wellness-Buch in relativ großem Druckbild.
"Der Kater, meine Nachbarn und ich" ("Runda i ögat som katten", übersetzt von Gabriele Haefs) ist meine erste Begegnung mit der schwedischen Bestseller-Autorin Maria Ernestam – und ein netter Appetizer für einen Nachschlag!