Hirten und Engel musizieren
Loreena McKennitt ist spätestens seit etwa 1990 weltweit bekannt. Einige ihrer Stücke klingen nach keltisch-irischer Folklore, andere erinnern ein bisschen an Enyas getragene, sanfte Melodien und Harmonien, wieder andere verarbeiten Motive nordafrikanischer oder orientalischer Musik. Der Vielseitigkeit der Stile entspricht die Bandbreite volkstümlicher, klassischer und exotischer Instrumente, die die Kanadierin zum großen Teil auch selbst spielt. Über allem schwebt ihre kristallklare, warme Stimme. Damit bieten ihre CDs eine abwechslungsreiche, teils besinnliche, teils mystisch angehauchte, teils mitreißende Mischung von Folk, Rock und Exotik.
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Schon in ihrem Album »The Visit« (1991) wandte sich Loreena McKennitt klassischen Stoffen zu: Sie vertonte die viktorianische Ballade »Lady of Shalott« von Alfred Lord Tennyson sowie das Totenlied aus Shakespeares Drama »Cymbeline«; später folgten noch etliche Adaptionen solcher Vorlagen.
Auf ihrer CD »A Midwinter Night’s Dream« verbindet Loreena McKennitt Interpretationen klassischer Weihnachtslieder aus Großbritannien mit eigenen Kompositionen zu einem vielfältigen ästhetischen Genuss. Der Spannungsbogen des Gebotenen ist breit: Während das Eingangslied »The Holly and the Ivy« eine ruhige, mystische Stimmung anschlägt, verwandelt die Sängerin den Klassiker »God Rest Ye Merry, Gentlemen« durch leichtfüßige Rhythmen und ein Arrangement aus Streich- und Perkussionsinstrumenten in eine heitere Szene mitten in einer Medina des Nahen Ostens.
»Emmanuel« singt die Künstlerin auf Lateinisch, was einen hymnischen Charakter erzeugt; die Instrumentierung lässt an bretonische Volksweisen denken. Einen Gegenpol dazu schafft »Noël Nouvelet!« – das Lied (mit altfranzösischem Text) beginnt mit McKennitts Solostimme in sanftem Moll und einer Handtrommel, dann treten Leier und weitere Schlaginstrumente hinzu, bis es mit afrikanisch anmutendem verhaltenem Rhythmus ausklingt.
»Un Flambeau, Jeannette, Isabelle« (eine Instrumentalversion von »I saw three ships come sailing in«) und der gute alte König Wenzel kommen mit Fiedeln und Pfeifen geradewegs aus einem irischen Bauernhaus. »Gloucestershire Wassail« stelle ich mir dagegen eher in einer Hafenkneipe vor. Das uralte Wort »Wassail« könnte man mit »weihnachtlicher Umtrunk« oder »Trinkspruch« übersetzen, und diese beschwingte a-capella-Version verbreitet genau so eine fröhliche Ausgelassenheit. Zwei Frauen und zwei Männer beginnen einstimmig, bei jeder Strophe (»Here’s to … – Auf das Wohl von …«) beteiligen sich weitere Sänger und fügen neue Stimmen hinzu.
Eines der schönsten Lieder ist das »Coventry Carol« (»Lullay Lullay«): Loreena McKennitt singt zweistimmig und ergreifend melancholisch.
Eine eingängige Musik, die zu neblig-düsteren Winternachmittagen ebenso gut passt wie zu sonnig-klaren unter blauem Himmel. Sie ist so nuancenreich, dass Sie bei jedem Hören neue Details entdecken werden.
02 Un Flambeau, Jeannette, Isabelle
03 The Seven Rejoices of Mary
04 Noël Nouvelet!
05 Good King Wenceslas*
06 Coventry Carol*
07 God Rest Ye Merry, Gentlemen*
09 Breton Carol
10 Seeds of Love*
11 Gloucestershire Wassail
12 Emmanuel
13 In the Bleak Midwinter
*: Diese fünf Stücke stammen aus »A Winter Garden« (1995) und wurden für dieses Album technisch neu aufbereitet.
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