Nichts geht mehr ohne Profilerin Keye Street
Keye Street hat sich ihre Karriere im Polizeidienst restlos vermasselt. Als trinkfeste Alkoholikerin verlor die ehemalige Kriminalpsychologin des FBI umgehend ihren Job, und nie mehr wird sie eine Chance erhalten, denn ein US-Akteneintrag ist wie in Stein gemeißelt. Doch inzwischen hat sie die Sucht nach Hochprozentigem gegen Gelüste nach Cheeseburgern und Krispy-Kreme-Donuts eingetauscht, und als Privatdetektivin mit Lizenz zum Eintreiben von Kautionen verdient sie gerade genug zum Überleben.
Nun liegt sie allein auf der Veranda von Antonio Johnson, einem Wiederholungstäter und Mann wuchtigen Ausmaßes. Durch ihre Peeping Tom, eine Knopfkamera, kann sie genau beobachten, wie er in seiner Wohnung ganz entspannt auf einem alten Sessel lungert, mit einer Waffe in den Händen. Als Keye mit Schiss in der Bux an seine Tür klopft, kracht seine deutliche Antwort in Gestalt einer Salve von Schüssen durch die Tür. Die tritt sie mit ihren Kampfstiefeln ein und überwältigt den Bullen von Mann. Woher nimmt die kleine asiatisch-amerikanische Adoptivtochter diese Kraft und Entschlossenheit? Es müssen wohl ihre zweifelhaften Gene sein: Ihre Großeltern wurden ermordet; ihre drogenabhängige Mutter überließ das Mädchen dem Waisenhaus, und dort erlernte sie das Überleben.
Wenige Stunden nach dem Kampf überreicht Keye Street der Polizei Antonio Johnson auf dem Präsentierteller – und begegnet dabei ihrem alten Kollegen und Freund Aaron Rauser. Der bedauert, dass sie solch dämliche Aufträge für Kautionsbüros und andere Firmen übernimmt; die Bezahlung sei zu lausig, ihre Qualifikation viel zu hoch dafür.
Der Sprachstil der Autorin Amanda Kyle hat mich sofort begeistert. Ihre Protagonistin Keye Street charakterisiert und beschreibt in leicht süffisantem Ton ihre Heimat Georgia, die im Frühjahr von einer Blütenpracht verzaubert wird und wo die Sommer schwül sind. Zwar sind die Menschen verschlossen und engstirnig, aber sie sind sooo romantisch wie Rhett Butler, Scarlett O'Hara und Rosa Parks in einem. Gehen zur Kirche und sagen bitte und danke! Schwarze sind allerdings unerwünscht; Keyes afroamerikanischer Bruder Jimmy wurde überall verstoßen und lebt nun in Seattle.
Keye bedauert, dass nun nichts mehr aus ihrer Promotion in Verhaltenspsychologie wird. Aber letztendlich trägt sie das genauso gelassen wie die Häme und super-witzigen Kommentare der Cops auf dem Revier, als sie Antonio Johnson abliefert: Ein Bild wie Pat und Patachon ...
Ich bin gespannt, wie Amanda Kyle ihre sympathische Protagonistin in die Ermittlungen um einen Serientäter, der wahllos Menschen niedersticht, einbindet.