Babys kennen keinen Terminkalender
Luise Kallers "Bauchgefühl" ist ein für werdende Mütter und Väter interessantes, lesenswertes Handbuch aus dem reichhaltigen und wertvollen Erfahrungsschatz eines Profis. Die Autorin, 66 Jahre alt, bezeichnet sich selber als preußische Hebamme mit konservativen Ansichten. Dreißig Jahre hat sie in ihrem Beruf gearbeitet, und schon deshalb sind ihre Anschauungen bedenkenswert, auch wenn in dieser Zeit eine Revolution in den Kreißsälen stattgefunden hat. Heute zielt der Umgang mit den Gebärenden vor allem auf Einfühlung, Aufklärung und Schmerzlinderung für die Frauen. Sprüche wie "Das haben schon ihre Vorfahren geschafft, da stehen Sie das auch durch ..." wird man wohl nicht mehr hören. Aber jemand wie Frau Kaller macht auch nicht jede Neuerung kritiklos mit oder feiert jubelnd jede Modeerscheinung als Fortschritt.
Ein Kind mal eben ratz-fatz zu zeugen gelingt nur in den seltensten Fällen; die meisten Eltern müssen schon etwas länger an ihrem Produkt arbeiten. Wenn denn medizinische Sterilität oder mangelnde Fertilität vorliegt, macht die Autorin Hoffnung, wie die Errungenschaften der Wissenschaft genutzt werden können. Dabei äußert sie ihre berechtigte Kritik, dass die Kassen nur einen Teil der Kosten übernehmen. Des Weiteren gibt Frau Keller Ratschläge zur Ernährung, warnt vor Alkohol und Nikotin und empfiehlt einen Zahncheck. Alles sehr vernünftig, finde ich.
Patchwork- und Ein-Kind-Familien sind voll im Trend. Werdende Eltern können es kaum erwarten, das Geschlecht und möglichst viele weitere Eigenschaften des Kindes zu erfahren, und statten das Kinderzimmer schon frühzeitig angemessen aus. Zu meiner Zeit – unser Ältester wurde 1975 geboren – traute sich niemand, so einen Schritt schon vor der Geburt zu unternehmen. Man war sich demütig darüber im Klaren, dass die Natur einem jederzeit einen Strich durch die Rechnung machen konnte ...