Rezension zu »Adams Erbe« von Astrid Rosenfeld

Adams Erbe

von


Belletristik · Diogenes · · Gebunden · 385 S. · ISBN 9783257067729
Sprache: de · Herkunft: de

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Furchtlosigkeit ist die einzig erreichbare Freiheit

Rezension vom 07.03.2011 · 30 x als hilfreich bewertet mit 3 Kommentaren

Astrid Rosenfelds Roman "Adams Erbe" spielt in zwei Zeitebenen und hat zwei in sich geschlossene Handlungskreise. Die Blutsbande der jüdischen Verwandtschaft verknüpfen beide Teile. Edward Cohen, der in der heutigen Zeit lebt, ist seinem Großonkel Adam, der 1919 geboren wurde, nie begegnet, soll aber, nach allgemeiner Ansicht, sein Ebenbild sein – äußerlich, charakterlich und in seiner Lebenseinstellung, alles locker und ohne übermäßige Anstrengung anzugehen.

Auch seinen Vater hat Edward nie kennen gelernt. Mutter Magda war schon nach dem "ersten Mal" schwanger, als der Herr aus Skandinavien wieder verschwunden war. Nun lebt sie mit ihrem Kind in einer ungewöhnlichen Gemeinschaft mit Großmutter Lara und dem Großvater Moses, der sich für immer in sein Reich auf dem Dachboden zurückgezogen hat. Nach ein paar kurzen Männerbekanntschaften heiratet Magda Jack – einen Aufschneider, wie Oma findet. Als Edelstein- und Fossilien-Händler hat er keine regelmäßigen Einnahmen, bald türmen sich die Schulden, und leider neigt er auch zu Gewalttätigkeiten. Magda und Edward lieben ihn dennoch.

Jack ist einer, der sich nicht um Konventionen und Regeln schert, und das beeindruckt einen Jugendlichen. Er bietet Edward Zigaretten an, lehrt ihn Autofahren. Durch Attest befreit, schwänzt Edward die Schule, um mit ihm durchs Land zu tingeln ... So kommt es, dass Edward als Erwachsener nichts Rechtes gelernt hat. Was soll's – in seinem Shop TEUER in Berlin gehen die Gothic-Sorgenpüppchen weg wie warme Semmeln.

Als die Großeltern gestorben sind, kehrt Edward in das Haus seiner Kindheit zurück. Beim Stöbern entdeckt er auf dem Dachboden ein Paket, das an eine Anna Guzlowski adressiert ist und offenbar nie zugestellt wurde. So gelangt die Geschichte seines Großonkels Adam in Edwards Hände.

Adam kennt seinen Vater nur von einem Foto – wenngleich er im selben Haus lebt. Aber der kriegsversehrte Vater ist in seinem Zimmer eingeschlossen, man stellt ihm Essen vor die Tür und hört ihn schreien.

Obwohl er sich im Lernen schwer tut, ist Adam für Edda Klingmann, seine Großmutter, etwas ganz Besonderes. Nachdem er der Schule verwiesen wird, erhält er halt Privatunterricht.

Dann beginnt das Nazi-Regime – an die Macht kommt der "schnurrbärtige August mit seinem Verein". Edda und Adam schneiden alle politischen Köpfe aus Zeitungen aus, kleben sie an die Wand und studieren die Gesichtszüge. Als "August" 1939 anordnet, jeder Jude habe von nun an einen zweiten Vornamen – Israel für Männer, Sara für Frauen -, sieht Edda ihre Theorie bestätigt, dass Adolf trinkt ...

Regelmäßig kommt Besuch, den man hier nicht erwarten würde: Eddas Verehrer ist Sturmbannführer Bussler. Sie bleibt für immer seine Nummer eins, und erst danach kommt Hitler. Noch bei seinem Tod – Jahre nach dem Russlandfeldzug – hält er eine Zeichnung von Edda in Händen.

Adam verliert sein Herz an Anna, eine polnische Jüdin. Als sich ihre Wege trennen, ist es ihm unmöglich, mit seinen Verwandten nach London zu flüchten, denn er muss Anna wiederfinden. Bussler besorgt ihm arische Papiere und einen Arbeitsplatz, Edda gibt ihm Geld, Diamanten und ihr Lebensmotto mit auf seine Reise: "Sich nicht zu fürchten ist die einzige Freiheit, die wir jemals erlangen können."

Als Edward all dies gelesen hat, weiß er, dass er seinem Großonkel einen letzten Dienst erweisen muss: Er wird Anna suchen und ihr die ganz persönliche Geschichte Adams überreichen.

Der erste Teil des Romans ist also die abenteuerliche Geschichte um Edward. Sie liest sich amüsant, zumal Jack, sein Stiefvater, eigentlich nur Dummheiten im Kopf hat.

Der zweite Teil hat, wiewohl er uns in die Zeit des Nationalsozialismus und später ins Warschauer Ghetto führt, ebenfalls viel Amüsantes zu bieten. Die handelnden Figuren bestechen durch ihre Besonderheiten:

Die selbstbewusste und couragierte Edda, eine Walküre, liebt alles Italienische. Da sie von einem italienischen Friseur bedient werden möchte, nennt sie ihren jüdischen eben Luigi und lässt sich ihr schwarzes Haar mit einem Blaustich stylen. Auf alles und jedes trinkt sie einen Asbach, denn sie war mal kurzzeitig mit dem renommierten Fabrikanten befreundet.

Adam, ein durch und durch talentfreier Junge, würde ohne Eddas Einwirkungen chancenlos zu Grunde gehen. Die Naivität, mit der er nach Polen geht, ist erschreckend. Als unfähiger Rosenzüchter arbeitet er in Warschau im Schlossgarten des Generalgouverneurs – eine Tätigkeit zu Kriegszeiten, die der wütende SS-Obersturmbannführer nur als "dekadent!" abschmettern kann. Doch Adam hält ihm, gedankenlos dahinplappernd, entgegen, er erfülle einen wichtigen Auftrag, von ganz oben – bis ihm bewusst wird, welche Wirkung seine Worte haben: Ein hoher Offizier wird vorgeführt, veräppelt ... Es entsteht eine lebensbedrohliche Situation, die dennoch komisch wirkt.

Sturmbannführer Bussler, von Edda immer Maestro genannt, ist ein einfacher Mann. Er glaubt an Hitler und sieht seine Zukunft in seiner Parteizugehörigkeit. Im Zuge seiner Beförderungen wird er an die Orte des Grauens versetzt. Immer wieder besucht er Edda, und immer wieder muss man fürchten, er könne zum Judas werden ...

Ausgerechnet Herkules heißt der total verängstige kleine Junge, der im Warschauer Ghetto in einem Schrank lebt – eine kleine Episode, Teil des großen Ganzen, des generalstabsmäßigen Grauens.

"Adams Erbe" ist Astrid Rosenfelds erster Roman – und ein gelungenes Debüt, wenn auch bisweilen etwas artifiziell konstruiert.


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Kommentare

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Zu »Adams Erbe« von Astrid Rosenfeld wurden 3 Kommentare verfasst:

Mag. Waltraud Löschner schrieb am 03.06.2011:

Für mich war dieser Erstlingsroman eine beeindruckende Lektüre, die die Verknüpfungen und Verflechtungen zwischen den Generationen emotional und sinnlich spürbar macht.
Edward Cohen und Adam, die zwei lebendig gewordenen Protagonisten, scheinen an unsichtbaren Fäden miteinander verbunden.

Alex schrieb am 21.05.2012:

Das ist Keine Rezension, sondern eine Inhaltsangabe!

Els ter Beek schrieb am 13.08.2014:

Der kleine Junge im Warschauer Ghetto heißt Herakles, statt Herkules. Es ist ein phantasievoller Roman, manchmal en wenig ZU phantasievoll, aber die Figuren sind ansprechend. Edda, Lara, Abrahams Mutter sind herrlich unverfrorene jüdische Frauen! Der Titel, gut gefunden, weil "Erbe" der Junge Edward ist aber auch das was Adam geschrieben hat und schließlich gefunden wird von Edward.

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