Rezension zu »Engel und Dämonen« von Georg Haderer

Engel und Dämonen

von


Kriminalroman · Haymon · · Gebunden · 385 S. · ISBN 9783852187174
Sprache: de · Herkunft: at

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Rezension vom 05.10.2012 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Seine Klassenkameradin hatte sich kurz vor ihrem Abitur auf die Eisenbahngeleise gelegt und ihrem Leben ein Ende gemacht. Später, nachdem sich zwei Schulkumpel den Alten vorgeknöpft hatten, gestand ihr Vater, sie seit ihrem zwölften Lebensjahr missbraucht zu haben. Das geschah vor 30 Jahren. Einer der beiden Burschen war Johannes Schäfer, und diese Begebenheit – sein erster Fall – war ausschlaggebend für seine Berufswahl.

Heute ist er Major und Chef des Wiener Kriminalkommissariats. Selbstherrlich, oft instinktgeleitet, mit Methoden, über die man besser schweigt, so hat Schäfer in der Vergangenheit spektakuläre Fälle aufgeklärt, und wenn gar nichts weiterhalf, wurden schon mal Münzen über den Schreibtisch geschoben.

Schon seit längerem steckt er in einer tiefen Sinnkrise, besucht deshalb gar einen Therapeuten. Doch den Mann, der ihn versteht, der ihm den Weg zurück zur Sonne aufzeigt, dem begegnet Johannes Schäfer in einer Bar auf Réunion, wohin er mit seiner Freundin gereist ist. Phillipe Marsant heißt er und lädt Schäfer zu einem Esotherikseminar in der Nähe von Wien ein, bei dem er als Gastredner auftreten wird.

Aber seit dem 26. Mai ist Schäfer verschwunden. Niemanden, weder Familienangehörige noch Kollegen im Kommissariat, hat er informiert, und auch in seiner Wohnung gibt es keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort. Während die Familie einen Privatdetektiv anheuert, besteht im Kommissariat kein Handlungsbedarf. Es liegt ja kein Verbrechen vor, und Schäfer ist schließlich alt genug.

Nach gut einem Monat befördert Oberst Kamp Schäfers rechte Hand, Bergmann, zum Chefinspektor des Ressorts "Leib und Leben". Bergmann kennt Schäfer aus dem Effeff, hat er doch seine psychische Entwicklung hautnah miterlebt. Um die trüben Gedanken seines Chefs besonders in den dunklen Wintertagen zu vertreiben, hatte er neue Glühbirnen gekauft. Daran denkt Bergmann nun mit Wehmut und summt Schäfers Lied aus besseren Tagen vor sich hin: "Then Jesus came like a stranger in the night, praise the Lord, I saw the light …" Er war immer bloß Schäfers Zuarbeiter, doch ohne ihn wären Schäfers "Geniestreiche nur Streiche geblieben".

Die Arbeit will getan sein – das ist Bergmanns erste Beamtenpflicht. Akten über Akten: Hier ist ein alkoholisierter Bürgermeister mit seinem Auto in ein Möbelhaus gefahren. Es ist ein alter Fall aus Niederösterreich – längst erledigt, hätte sich nicht der alte Richter a.D. wieder eingemischt – der spinnt total, glaubt an eine Aktion des Mossad! Was geht's Bergmann an? Dort "Pensionisten, die auf lärmende Kinder schossen, Autofahrer, die sich wegen eines Parkplatzes an die Gurgel gingen" …

Dann eine klare Sache: Ein älteres Ehepaar beschloss, ihr Ende selbstbestimmt in die Hand zu nehmen. Man findet ihre Leichen mit Einschusslöchern im Kopf auf einer Parkbank. Nur … wo ist die Waffe abgeblieben? Wer hat sie mitgehen lassen? Sicher, so spekuliert Bergmann in seinem Büro vor sich hin, wird sie wieder auftauchen, etwa im Körper "eines ausgeraubten Juweliers, … in der kalten toten Hand eines Amokläufers" …

Wie geistig umnachtet taumelt und kriecht ein Mann durch den Wald. Ein Rabe "tippelt argwöhnisch umher", würde gern in den am Boden ruhenden Körper hacken, ehe die Konkurrenz zugreift, krächzt ihm zu: "Entscheide dich endlich: tot oder lebendig." Zu seinem Leidwesen richtet sich der Angeschlagene wenig später doch wieder auf – es ist Johannes Schäfer …
Mit dieser Szenenbeschreibung beginnt Georg Haderers neuester Roman "Engel und Dämonen" mit seinem bekannten Protagonisten. Schon diese eineinhalb Seiten genügen, um den Leser darauf einzustimmen, was ihn erwartet: Dieser Autor hat Esprit, einen trockenen, oft hintersinnigen, oft schwarzen Humor, und er kann Szenen ganz wunderbar dramaturgisch auf den Punkt bringen. Seine Erzählweise ist im Grunde nüchtern, und doch fabuliert er gern drauflos und führt uns genüsslich köstliche Dialogsequenzen vor.

Der ungewöhnliche Krimi begeistert durch die skurrile Konstellation der beiden gegensätzlichen Kollegen Bergmann und Schäfer. Bergmann, der geradlinige, rationale Ermittlertyp, steht mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen, wenn er nicht gerade seine Beziehung zu Martin ordnen muss oder sich mit Alkohol zuschüttet. Schäfer dagegen neigt dazu, ins Surreale abzudriften. Was treibt ihn da durch die Wälder? Hat man ihm bewusstseinsverändernde Drogen verpasst? Er weiß kaum noch, wer er selber ist; im Delirium begegnen ihm die Geister der Vergangenheit, Dämonen, die ihn bedrohen. Er spricht mit Bäumen, ernährt sich von Pilzen und Beeren, versucht sich irgendwie zurück ins Leben zu kämpfen.

Auf Bergmanns Tisch landen inzwischen mehrere obskure Mordfälle, die von einer globalen Gefahr künden und den gesamten Polizeiapparat inklusive Geheimdienste auf den Plan rufen. Die Verbrechen scheinen mit Schäfers Verschwinden zusammenzuhängen …

Haderer-Krimis sind in ihrer Art kultig, haben aber vielleicht für Thriller-Fans ein Manko: Trotz des die ganze Welt umspannenden Plots wird es in diesem Österreich-Krimi nie so richtig prickelnd spannend …


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