Rezension zu »Nachricht von dir« von Guillaume Musso

Nachricht von dir

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Belletristik · Pendo · · Taschenbuch · 464 S. · ISBN 9783866123137
Sprache: de · Herkunft: fr

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Die schönsten Jahre eines Lebens sind die, die man noch nicht gelebt hat

Rezension vom 12.06.2012 · 6 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Wer sich beim Bücherbummel von Titel und Cover dieser Neuerscheinung leiten lässt, dem wird suggeriert, er werde den Stoff, aus dem die Liebe ist, erwerben. Auf dem vorderen Umschlag blickt eine junge Dame über die Dächer von Paris; auf der Rückseite sehen wir einen jungen Mann, der über die Dächer San Franciscos schaut. Zuerst scheint es, als stünden die beiden auf ein und demselben Balkon, als ziehe sich dessen Geländer rund herum um den Bucheinband. Doch sind es zwei verschiedene Brüstungen und zwei verschiedene Städte – die beiden sind sozusagen durch die Seiten des Romans voneinander getrennt – die Geschichte einer Fernbeziehung also, des schmerzlichen Wartens auf eine "Nachricht von dir"?

Was immer Sie erwarten: Nach knapp 100 Seiten befinden wir uns – enttäuschend für manche, erfreulich für andere – in einem nicht aufgeklärten Kriminalfall, der Entführung eines vierzehnjährigen Mädchens.

Doch drücken wir auf die Reset-Taste unseres Smartphones und beginnen von vorn. In einer Cafeteria auf dem JFK-Flughafen in New York stoßen zwei Menschen kräftig zusammen, als sie eilig den gleichen Sitzplatz in Fensternähe anstreben. Ihre Tabletts mit Getränken, Snacks, Handys und Schlüsseln landen krachend auf dem Boden. Sie pampen einander an, schieben einander die Schuld an dem Malheur zu. Erst später, im Flugzeug, werden sie feststellen, dass sie in dem Chaos ihre Handys vertauscht haben.

Da ist es freilich zu spät: Madeline (37) fliegt nach Paris, Jonathan (39) in die entgegengesetzte Richtung, nach San Francisco. Und damit spaltet Autor Guillaume Musso die weitere Handlung auf, was uns Kurzweil, Amüsement und Spannung beschert. Nach ersten Hemmungen stöbern sowohl Jonathan als auch Madeline in den privaten Dateien des anderen. Da stoßen sie auf leicht erotische Fotos, Reiseaufnahmen, Musikdownloads, Filme, Terminkalender und was man heutzutage so im Telefon mit sich herumträgt. Sie sind beide erstaunt, was sie an Unvermutetem erfahren, denn wiewohl sie einander kaum kennengelernt hatten, so hatte sich doch jeder schon ein Bild vom anderen gemacht.

Madeline erfährt, dass Jonathan einer der besten Starköche der Welt ist und ein Imperium an Restaurants und Hotels betreibt. Doch warum auch immer: Schlagartig ist es damit den Berg hinab gegangen, und er hat alles verkauft. Hat er die Trennung von seiner geliebten Frau Francesca nicht verkraftet, oder steckt mehr dahinter?

Jonathan bekommt heraus, dass Madeline Floristin in Paris ist. Nachdem er das Passwort ihres Handys geknackt hat, stößt er auf Bilder und Informationen, die ein weniger harmloses und anmutiges Porträt zeichnen. Bevor sie nach Paris ging, arbeitete Madeline nämlich als Kommissarin in Manchester. Ihr letzter Fall hat sie fast das Leben gekostet – die Entführung der kleinen Alice. Als Jonathan ihr Gesicht wahrnimmt, verkrampft sich sein Magen: Er kannte das junge Mädchen, er war ihr begegnet, er hatte sie gesprochen ... Damals, als es Jonathan schlecht ging, er sich das Leben nehmen wollte, hatte sie ihm eine Nachricht hinterlassen: " Die schönsten Jahre eines Lebens sind die, die man noch nicht gelebt hat." Jetzt ist er Alice etwas schuldig.

Jonathan muss Madeline unbedingt sprechen, und Madeline hat mittlerweile Dinge erfahren, die Jonathan wissen sollte ...

Der tolle Plot, der stetige Wechsel der Perspektive und die sehr ansprechende, innovative Aufbereitung haben mich durchweg gefesselt: Handygespräche, SMS, Internet-Inhalte, Zeitungsausschnitte, liebevoll ausgewählte Zitate (Quellenverzeichnis am Buchende) sorgen für Abwechslung im Erzählfluss. Den Faden verliert man nie, alles ergänzt sich, alle Geheimnisse klären sich auf; dabei treibt uns Musso mit absolut unerwarteten Wendungen voran. Vielleicht sind in eben diesen Vorzügen auch die Schwächen begründet, die man dem neuesten Werk des in Frankreich sehr erfolgreichen Bestsellerautors ankreiden kann: Bestens durchgeplant, wirkt der Roman auch etwas konstruiert, bleibt bisweilen oberflächlich in seiner Ausgestaltung, und oft müssen Zufälle herhalten, um am Ende ein Gesamtbild herbeizuführen.

Doch naht der Sommerurlaub, und am Strand können Sie dieses unterhaltsame Buch gut lesen. Kein Kindergeschrei wird Sie ablenken können, kein Glas Wein Ihre Konzentration so trüben, dass Sie den Handlungsfaden nicht problemlos wieder aufnehmen könnten.

"Nachricht von dir" ("L'Appel de l'ange" 226622753X, in der Übersetzung von Eliane Hagedorn und Bettina Runge) ist soeben bei Pendo erschienen.


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