Das Allgäu - ein Hort der Wirtschaftskriminalität?
Der Fotograf und Journalist Robert Walcher hat ein marodes Bauernhaus im Allgäu erstanden und renoviert. Schnell lebt er sich im Dorf ein. Regelmäßig kauft er bei der 90-jährigen Frau Zehner ein, deren Tante-Emma-Laden eine museale Sehenswürdigkeit und gleichzeitig der Umschlagplatz der aktuellsten Klatsch- und Tratschgeschichten ist.
Bei einer Fotosafari am Bodensee entdeckt Walcher eine einmalig schöne Jugendstilvilla. Ungeniert betritt er zunächst das Grundstück und später das offene Haus. Dabei stolpert er fast über die Leiche eines Mannes. Den Inhalt eines Leitz-Ordners, der unter dem Toten liegt, nimmt er an sich und macht sich schnell davon.
Zuhause hält er die Papiere der "Company" in Händen: Namen, Adressen und Daten zu Aktiengesellschaften und Börsenwerten, die in die Milliarden gehen. Welch brisante Info er vor sich liegen hat, wird ihm vier Tage später mit Schrecken bewusst. Da hat ihm nämlich jemand eine tote Sau in seinen Keller gehängt, deren Maul verbunden, die Augen brutal eingedrückt und die Ohren abgeschnitten – ein eindeutiges Warnsignal der "ehrenwerten Gesellschaft".
Nach und nach wird Walcher, der momentan noch glaubt, mit diesen Unterlagen eine journalistische Top-Story in Händen zu haben, immer tiefer in ein weltweit agierendes Konglomerat, in dem der Machtkampf um die Führung tobt, hineingezogen. Dabei wird getötet auf Teufel-komm-raus. Als sogar seine Lebenspartnerin umgebracht wird, wird aus Walchers investigativer Recherche die Jagd auf einen Killer ...
Nach einem netten Einstieg in einen Regionalkrimi hat der Autor Joachim Rangnick sich meines Erachtens verhoben. Einerseits ländliche Idylle, andererseits eine "Company", die als kleine Lottogesellschaft begann, heute aber ein Wirtschaftsimperium ist, das von einer Schaltzentrale auf den Äußeren Hebriden aus gelenkt und mit Geheimdienstmethoden geschützt wird: Das ist ein Kontrastprogramm, das so, wie Rangnick es bearbeitet hat, nicht wirklich zusammenpasst. Es wirkt konstruiert, ist teils unlogisch, bietet keinen harmonischen Fluss. Ist wirklich jede Leiche für den Handlungsverlauf zwingend notwendig? Der Autor hat sich redlich bemüht, die komplizierten Verflechtungen eines gigantischen Netzwerks, das Walcher nach und nach durchschaut, zu entwickeln. Machtgeile Hintermänner schicken ihre psychopathischen Killer, um für sie den Dreck aus dem Weg zu räumen, und trotzdem hapert's an der Spannung.
Dies ist kein Kriminalroman der ersten Reihe, aber unterhaltsam ist er allemal. Und vielleicht gefällt Ihnen dieser komplexe Krimi im Nachhinein ja besser als mir, die sich vom "Bauernfänger" einfach nicht so leicht täuschen lassen wollte ...