Rezension zu »Das Ende der Unschuld« von Megan Abbott

Das Ende der Unschuld

von


Krimi · Kiepenheuer & Witsch · · Gebunden · 288 S. · ISBN 9783462043907
Sprache: de · Herkunft: us

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Vom Ende des natürlichen Erwachsenwerdens

Rezension vom 27.03.2012 · 5 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Megan Abbotts neuester Roman "Das Ende der Unschuld" thematisiert das Erwachen von Sexualität, das Suchen danach, die frühe Vorstellung davon. Betroffen sind zwei 13-jährige Mädchen, Lizzie und Evie, und was sie er- und durchleben, ist geprägt von der eigenartigen Doppelgesichtigkeit Amerikas: Auf der einen Seite wird Körperlichkeit aus puritanischer Prüderie verteufelt und unterdrückt, auf der anderen ist den Bürgern jegliche Freiheit garantiert, ihr persönliches Profil zu entfalten und so zu leben, wie sie es für richtig halten. So müssen schon die kleinen Mädels frühzeitig BH tragen, ehe noch irgend etwas zu verstecken ist; gleichzeitig ist es wichtig, sich in der Schulgesellschaft beliebt und angesehen zu machen, was bedeutet, die anderen Gören auszustechen, die gleichaltrigen Jungs scharf zu machen, und das geht nun mal am besten mit hippen und knappen Klamotten. Das Ganze ist allerdings bloß eine oberflächliche Showveranstaltung, denn sich mit den Mitschülern tatsächlich einzulassen ist unter dem Niveau der angesagten Stars, denen alle nacheifern. Welche Highschool-Queen mag sich schon von einem pickeligen, fetthaarigen, hormongesteuert-unreifen Knaben betatschen lassen? Da schwärmt man doch eher für einen erwachsenen, vollendeten Mann.

Dusty, Evies ältere Schwester, ist genau der Typ Mädchen, wie sie alle sein wollen: natürlich hübsch, schlank und fröhlich, dazu ein gefeierter Star der Schule, mit vielen Hockey-Pokalen dekoriert – und vor allem Papas Liebling. Dusty geizt nicht mit ihrer Ausstrahlung und bindet den Vater fest an sich. Für Schwester Evie lässt sie keinen Raum; die beiden sind sich spinnefeind und hassen sich innig. Aber in Lizzie, der Ich-Erzählerin, hat Evie seit Kindesbeinen eine Freundin und Vertraute. Sie sind Nachbarskinder, besuchen dieselbe Highschool, und Lizzie erwidert Evies Zuwendung. Das tut sie jedoch keineswegs nur, weil sie einander so nahe stehen, gemeinsam im Bett kuscheln und tuscheln – nein: Lizzie fühlt sich zu Evies Vater hingezogen. Dieser Mr. Verver, Alleinerzieher, ist ein toller Hecht, organisiert Gartenpartys, geht mit den Mädels Bowlen und fährt Rollschuh mit ihnen. Wenn er Lizzie seine Aufmerksamkeit schenkt, seine Hand leicht ihren Arm berührt, dann vibriert ihr Herz, ihr schwindelt, sie spürt ein Ziehen durch und durch. Doch vor Dusty muss sie sich in Acht nehmen, denn die duldet keine Nebenbuhlerin.

Alles ändert sich, als Evie eines Tages vom Erdboden verschwindet. Und Lizzie weiß etwas darüber. Da gab es jemanden, der des Nachts zigarettenrauchend im Garten unterm Birnbaum stand und zu Evies Fenster schaute. Oft ist er mit seinem rotbraunen Auto an ihnen vorbei gefahren. Jetzt rückt Lizzie in den Mittelpunkt: Der Polizei erzählt sie tolldreiste Geschichten, und Mr. Verver ist ihr dankbar ergeben. Das erträgt Dusty nicht, sie zieht zu den Großeltern.

Nach Tagen taucht Evie wieder auf, doch sie kehrt völlig verändert zurück. Sie war in den Händen eines Mannes. Was er mit ihr angestellt haben mag? Für Lizzie hat die Phantasie keine Grenzen.

Doch jetzt finden Evie und Lizzie nicht mehr recht zueinander. Ihre Freundschaft hat einen Riss bekommen, sie vertrauen einander nicht mehr. So wendet sich Lizzie der unnahbaren, eingebildeten Schönheit Dusty zu. Die raunt ihr im Geheimen ein Gespinst aus Lügen zu ... Der Leser glaubt es kaum, in welch abstruser, verquerer, verstörter Gedankenwelt die Mädchen stecken. Sie intrigieren aus reinem Egoismus, verletzen damit andere zutiefst, und die Folgen sind tödlich.

Wie amerikanisch, wie repräsentativ ist, was uns hier erzählt wird? Ist das normal, dass sich pubertierende Mädchen nicht mit gleichaltrigen Jungs amüsieren, sondern lieber Männer, die ihre Väter sein könnten, heiß begehren, an geschlechtliche Berührungen denken? Zu mehr darf es freilich niemals kommen, denn eine Beziehung muss – wie Dusty immer betont – rein sein ...

Megan Abbott wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Edgar-Allan-Poe-Award, der höchsten Auszeichnung für amerikanische Krimiautoren. Ihr psychologischer Roman "Das Ende der Unschuld", übersetzt von Isabel Bogdan, ist kein Krimi, sondern eine Lektüre, die wohl eher Frauen anspricht. Einen nachhaltigen Eindruck hat das Buch bei mir dennoch nicht hinterlassen – dazu erscheint mir das ganze Konzept denn doch zu typisch amerikanisch.


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