Rezension zu »Gelyncht« von Tony Black

Gelyncht

von


Krimi · Zsolnay · · Gebunden · 380 S. · ISBN 9783552055605
Sprache: de · Herkunft: gb

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Immer nur abwärts ...

Rezension vom 04.08.2012 · noch unbewertet · noch unkommentiert

An Gus Dury, dem Protagonisten der nach ihm benannten Krimireihe des Autors Tony Black, scheiden sich die Geister. Manche Leser werden ihn ablehnen, ja verabscheuen, andere dagegen werden den Underdog aus Edinburgh mögen oder gar zur Kultfigur machen.

Nach "Geopfert" (Lesen Sie hier meine Rezension zu Tony Black: 'Geopfert') von 2011 ist nun der zweite Band "Gelyncht" ("Gutted") in der Übersetzung von Jürgen Bürger bei Zsolnay erschienen.

Angus Dury ist schon ein armes Schwein. Sein mittlerweile verstorbener Vater, ein Ex-Fußballstar, stand ständig unter Alkohol, misshandelte und prügelte seine drei Kinder und seine Mutter. Bis heute kann ihm Gus das Elend, das er der Familie angetan hat, nicht verzeihen. Gleichzeitig bedauert Gus, dass er sich selbst viel zu wenig um seine Mutter kümmert, die sich immer mal wieder liebevoll und besorgt am Telefon nach ihm erkundigt. Gus' Lebenslauf kannte nur eine Richtung: abwärts. Seinen Job als Journalist ist er los, seine Frau Deborah ist ihm davongelaufen. Sie hat es nicht mehr mit ihm ausgehalten, seiner Selbstzerfleischung, "seinem Selbstmord auf Raten" nicht mehr zusehen können.

Sein ungepflegtes, verwahrlostes Erscheinungsbild verwundert nicht. Die Basis seiner täglichen Ernährung sind sechzig Zigaretten und jede Menge Alkohol. So torkelt er durch seine Stadt und flucht über ihren Verfall, zu dem er doch selbst einen zumindest optischen Beitrag leistet. Die Princes Street, einst noble Adresse der namhaftesten Geschäfte Schottlands, beherbergt heute Discounter, Spielhallen und Sexshops, deren Auslage ihm vor Scham das Blut in den Kopf schießen lässt.

Neben dem eigentlichen kriminalistischen Handlungsplot zeichnen sich Tony Blacks Krimis gerade durch die sozialkritischen Studien des Protagonisten und seiner Umwelt aus.

Das klare Bewusstsein, dass der äußere Schein trügt; die intakte Beobachtungsgabe, mit der Gus wahrnimmt, wie die einstmals elegante Kulturhauptstadt immer mehr verrottet; das feine Gespür, mit dem er im weiteren Verlauf der Handlung seine Ex-Frau vor Bösem beschützen möchte; die festen Prinzipien und der Gerechtigkeitssinn, mit dem er gegen einen korrupten Polizeiapparat kämpfen wird – all das zeigt, dass sein Gehirn noch nicht völlig vernebelt ist und er im Kern einen sensiblen, geradlinigen, entschlussfreudigen Charakter besitzt.

Gleich auf der ersten Seite sagt Gus, er sei "ein Idiot". Denn vernünftige Leute laufen weg, wenn sie des Nachts Schreie hören. Er dagegen rennt hinterher, mischt sich ein, scheut keine Prügel, ist sogar bereit zu töten – und muss im Gegenzug kräftig einstecken.

Zu Anfang wird Gus Augenzeuge einer Tierquälerei. Vier Rowdys haben einen Hund an einem Baum aufgeknüpft, schießen mit Luftgewehren auf ihn – und es kommt noch schlimmer. Nachdem sich Gus mit den Typen angelegt hat, wird er mit einem Knüppel getroffen, gerät er ins Straucheln, rutscht ab und landet auf einer Leiche. Seine Hände sind blutbeschmiert.

Skrupellos, grausam, brutal und tödlich ist das verbotene Geschäft mit dicken Wetten auf Pitbulls, die in einer kleinen Arena aufeinander losgelassen werden. Niemand hat Interesse daran, dass Gus dem kriminellen Treiben auf die Schliche kommt. Die Buchmacher haben Polizisten bis in die höchsten Positionen geschmiert. Doch statt all der Gesetzesbrecher ist es Gus, der verhaftet und des Mordes verdächtigt wird.

Wir werden in ein Milieu eingetaucht, das kaum dreckiger sein kann. Das spiegelt sich auch im Vokabular. Um überzeugend, glaubwürdig und authentisch zu sein, kennt Tony Black keine Tabus.


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