Rezension zu »Todesschlaf« von Antti Tuomainen

Todesschlaf

von


Thriller · List · · Taschenbuch · 333 S. · ISBN 9783548612294
Sprache: de · Herkunft: fi

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Späte Rache - müde Sache

Rezension vom 07.12.2014 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Zwanzig Jahre lang verfolgt Aleksi Kivi seine nur allzu verständliche Obsession, bis er endlich ans Ziel gelangt. Als er dreizehn war, verschwand seine Mutter spur­los. Die Polizei konnte nach ein paar Monaten ergebnisloser Recherchen ein Ver­bre­chen weder aus­schlie­ßen noch bestätigen und legte den Fall zu den Ak­ten. Aleksi hingegen ist sicher, dass sie um­ge­bracht wurde. Die Wahrheit herauszufinden und den Mör­der zu finden, das macht er zu seiner Le­bens­auf­ga­be.

Aus der Perspektive seines Protagonisten vermittelt der finnische Autor Antti Tuomainen, wie Aleksi sei­nem Ziel näher kommt. Seine unermüdlichen Ermittlungen sind auf einen einzigen Mann fixiert. Alle zehn Jahre ereignet sich etwas Wichtiges, und zwischen diesen Zeitebenen alternierend erzählt Aleksi seine Ge­schich­te.

Sommer 1993: Aleksi und seine Mutter Sonja sind einander alles. Verwandte gibt es nicht, über den Vater des Jungen hüllt Sonja sich in Schweigen. Sie arbeitet als Angestellte in der Speditionsfirma von Henrik Saarinen. Jetzt hat sie einen netten Mann kennengelernt, der sie in ein Restaurant eingeladen und mit dem sie einen schönen Abend verbracht hat. Aber noch will sie ihrem Sohn nichts Näheres über ihn eröffnen. Dann verschwindet sie an ihrem Arbeitsplatz: Ihre Jacke hängt über der Stuhllehne, ihre Handtasche liegt auf dem Tisch, eine Tasse Kaffee mit Milch und Zucker steht daneben. Sie wird zur Toilette gegangen sein, sich vielleicht unwohl gefühlt haben, denken die Kollegen. Sie sorgen sich erst, als Sonja am nächsten Tag nicht zur Arbeit erscheint, und schalten schließlich die Polizei ein.

Die Ermittler befragen Aleksi, aber er weiß nichts Hilfreiches zu berichten. Da er zu jung ist, um alleine zu leben, wird er zu Pflegeeltern vermittelt. Er schließt seine Schulzeit mit dem Abitur ab und absolviert dann eine Zimmermannslehre. Da hat die Polizei ihre Arbeit längst eingestellt, und Aleksi weiß, er muss die Sa­che in die eigenen Hände nehmen, ohne je auf Hilfe anderer zählen zu können.

Sommer 2003: Nach einem Besuch mit Freunden in einer Tanzbar verschwindet die 31-jährige Tanja Met­säpuro spurlos. Man findet sie ertrunken in einem Fluss, aber laut Polizeibericht liegt kein Verbrechen vor. Aleksi, der die Zeitungsberichte intensiv verfolgt, zieht jedoch eigene Schlüsse. Tanja war nicht nur allein­erziehende Mutter zweier Töchter, sondern sieht seiner Mutter auch zum Verwechseln ähnlich. Beide ent­sprechen dem Frauentyp, den der Mann bevorzugt, den Aleksi seit langem als Verdächtigen im Visier hat: Henrik Saarinen.

Der Wirtschaftsboss Saarinen ist eine schillernde Persönlichkeit. Der stadtbekannte Partylöwe ist verhei­ra­tet, aber seine Frau hat ihn schon vor Jahren verlassen und sich nach Spanien abgesetzt. Man sagt ihm nach, er sei gewalttätig, und in der Tat hat ihn eine bekannte Fernsehprominente angezeigt, nachdem er sie angeblich in seiner Wohnung zu sexuellen Handlungen gezwungen habe. All diese schmutzige Wäsche wurde in den Medien durchgewaschen, geschleudert und für alle sichtbar aufgehängt, und Aleksi zählt eins und eins zusammen. Schließlich erinnert er sich genau an das Titelbild der Illustrierten, in der seine Mutter im August 1993 geblättert hatte. Da strahlte ihr ein geheimnisvoll lächelnder Mann entgegen: Henrik Saa­rinen.

Sommer 2013: Dank seiner beharrlichen Bemühungen ist Aleksi seinem Ziel so nahe gekommen wie nie. »Um zu tun, was ich tun musste«, hat er jetzt sogar seine Beziehung mit Miia beendet und damit »das Gute, das endlich in mein Leben gekommen war«, hinter sich gelassen. Er hat sich für die Haus­meis­ter­stel­le auf dem noblen Anwesen von Henrik Saarinen beworben und den Job nach intensiven Vor­stel­lungs­ge­sprä­chen tatsächlich bekommen. Direkt in der Höhle des Löwen hofft Aleksi hieb- und stichfeste Beweise zu finden, um den Mörder seiner Mutter endlich zu überführen.

Nun kennt jeder halbwegs belesene Krimi-Fan die Tricks seiner Autoren: Wer derart fokussiert wird wie Hen­rik Saarinen, ist es am Ende gewiss nicht gewesen. Für den Fall, dass das auch hier gelten sollte, liest man also von Anbeginn zwischen den Zeilen, um dort sorgfältig versteckte Hinweise auf andere Verdäch­tige aufzuspüren. Wie wäre es zum Beispiel mit Saarinens Tochter Amanda, der Aleksi nicht widerstehen kann? Aber es will sich einfach keine richtige Verbindung zu Aleksis Mutter ergeben, so dass Amanda eines nach­voll­zieh­baren Motivs entbehrt.

Andererseits hält der Autor Saarinen mit seltsamen Wesensänderungen im Spiel. Er biedert sich seinem neuen Hausgeist Aleksi an, man könne doch Titel und Förmlichkeiten weglassen. Ist er vielleicht ehrlich interessiert an dem jungen Mann, von dem er sagt, er sehe in ihm »mehr als nur den Hausmeister«, mit dem er noch viel vorzuhaben scheint und für den er angeblich schon viel getan habe?

Bis Antti Tuomainen sein finales Überraschungshäschen aus dem Krimizauberhut zieht, hat er noch die eine oder andere Wendung in petto. So entpuppt sich der stets desinteressierte, beschwichtigende Polizist der Anfangsermittlungen von 1993 – inzwischen wegen seiner Krebserkrankung in den Ruhestand versetzt – als fanatischer Verfolger.

2011 erhielt Antti Tuomainen für seinen Erstling »Der Heiler« den »Finnischen Krimipreis«. Der Nachfol­ger »Todesschlaf« (»Synkkä niin kuin sydämeni«, übersetzt von Anke Michler-Janhunen) reißt leider die ziem­lich hoch liegende Spannungslatte der »Skandinavienkrimis« (Ein Buch aus Finnland, dem Gastland der Frankfurter Buchmesse, den »Schwedenkrimis« zuzuschlagen, widerstrebt mir.). Der Sprachstil ist schlicht und einfach, die Figuren haben zu wenig Tiefgang und überzeugende Empathien, die über drei Zeit­ebe­nen rotierende Struktur schreddert den Erzählfluss und hat inhaltliche Wiederholungen zur Folge, und vieles, was des Lesers Fantasie anregt und auf falsche Fährten lockt, wird nie wieder aufgegriffen und bleibt ein­fach ungelöst stehen. Ein vor Spannung knisterndes Gruselkabinett, wie man es in einem Thriller er­war­tet, ist in Henrik Saarinens Villa nicht zu finden, nicht einmal, als ein Zimmer durchwühlt und Aleksi mit einer Brechstange niedergeschlagen wird. Summa summarum gewinnt die zweite Hälfte des Titelbe­griffs die Oberhand ...


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