Rezension zu »Heiligenblut« von Harry Kämmerer

Heiligenblut

von


Heimatkrimi · Graf · · Taschenbuch · 320 S. · ISBN 9783862200351
Sprache: de · Herkunft: de

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Der Münchner Fenstersturz

Rezension vom 15.03.2013 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Aus Münchens heiterem weiß-blauen Himmel ist ein Mann in schwarzer Soutane hernieder gekommen! Um genau zu sein: Bruder Wolfgang ist aus einem Fenster des kirchlichen Palais an der Kardinal-Faulhaber-Straße gestürzt. Ein gefallener Engel an Münchens Prachtstraße? Ein unglücklicher Unfall? Oder gar ein mörderischer Akt? Doch wer - außer dem Leibhaftigen natürlich - könnte Motive haben, einen Mann Gottes umzubringen?

Das Mord­kom­mis­sa­riat um Chefermittler Mader übernimmt. Abt Notkar wird gehört. Bruder Wolfgang war nicht nur Pater, sondern auch Ver­wal­tungs­fach­wirt, und er hat die Liegenschaften der Kirche betreut. Aktuell sollte er den Verkauf einer Ladenpassage unter Dach und Fach bringen, wobei es um Millionen geht. Ein Konsortium aus München und eins aus Mailand haben ihre Angebote abgegeben. Hat die italienische Mafia ihre Hände im Spiel? Ist der gute Mann womöglich geschmiert worden?

Mit einem "Vergelt's Gott" scheint sich Bruder Wolfgang wohl nicht zu­frie­den­ge­ge­ben zu haben. Die Spuren führen die Ermittler bald zu einer Zweitwohnung des Toten. Viel können sie da aber nicht mehr finden, denn kurz bevor sie eintreffen, ist die Bude in die Luft geflogen. Der einzige Mensch am Tatort ist eine Frau, die sich in der Badewanne lümmelt. Nur kann sie nicht mehr vernommen werden. Denn viel ist von der einstmals schönen Frau nicht mehr zu sehen, wurde sie doch in Säure gebadet ... Auch Kirchenmänner sind halt nur Männer, und so verwundert es nicht allzusehr, dass Bruder Wolfgang vermutlich eine Geliebte unterhielt.

Während sich der Verdacht um die Schmier­geld­af­färe immer mehr erhärtet, rückt ein weiteres Kapital-Verbrechen in das Visier der Kommissare: In bestens organisiertem Handel werden Antiquitäten der Kirche verhökert. Und auch hier scheint Bruder Wolfgang mitgemischt zu haben. Sein Odem ist zwar ausgehaucht, aber er hat ein verschollenes Notizbuch hinterlassen, in dem so manches dokumentiert ist.

In locker-flockigem Sprachjargon, gewürzt mit bayrisch eingefärbten Dialogen, die auch für Preußen und andere Norddeutsche gut verständlich sind, entwickelt Harry Kämmerer diesen verzwickten Heimatkrimi, der uns, von München ausgehend, ins tiefe Niederbayern, nach Passau und gar in ein Spielcasino auf tschechischer Seite führt. Das ist kurzweilig zu lesen und jederzeit zu unterbrechen, denn die Handlung wird in -zig Minikapiteln erzählt, die zwischen einem Dutzend Zeilen und ein paar Seiten lang sind und eine Überschrift aus einem bis maximal drei Wörtern tragen.

Die eine Hälfte dieser Häppchen gilt dem Krimi-Plot, die andere widmet Kämmerer dem Alltagsleben seiner Protagonisten aus dem Team des Münchner Kommissariats im weiß-blauen Ambiente der Weltstadt mit Herz:
Kommissar Zankl ist kaum nach Hause zurückgekehrt, da wird ihm seine geliebte Erstgeborene, ein Schreikind sondergleichen, in den Arm gedrückt, denn Mutter Conny hat ihre Flucht schon vorbereitet. Heute muss sie zur Rück­bil­dungs­gym­nas­tik ...
Kollege Hummel hatte einen Unfall und wird, um ihn langsam wie­der­ein­zu­glie­dern, noch mit Samt­hand­schu­hen angefasst. Er ist glücklich, seine Beate und eine Unmenge Zeit zu haben. Dass er sie (die Beate) liebt, steht außer Zweifel, doch wie kann er als Mannsbild denn wissen, wie einzigartig so ein Lippenstift ist? Hätte er die unabsehbaren Folgen geahnt, hätte er seine Botschaft niemals in dieser Weise auf den Spiegel appliziert ...
Am ärgsten aber hat's die arme Dosi derwischt. Es ist schon ein Kreuz mit ihrem Ex. Erst haben sie sich in Passau ein gemeinsames Heim errichtet, dann ging die Beziehung in die Brüche, und jetzt wohnt Eric günstig zur Miete und alleine im Haus, während sie die Kosten berappen muss ... Krumme Dinger hat der Kerl ja schon immer gedreht, doch jetzt ist er plötzlich verschwunden, und Dosi wird verdächtigt, den lästigen Schmarotzer beseitigt zu haben ...

Dem treuherzigen Dackelblick auf dem liebevoll anheimelnd gestalteten Cover kann sich keiner entziehen - und das hellwache Hunderl auf seinem Hocker rückt gleich zurecht, dass die üblen Blutspritzer neben dem Kruzifix an der Wand und die noch feucht glänzende Blutspur des Titel­schrift­zugs nicht ganz so tiefsinnig zu nehmen sind. Greifen Sie zu, wenn Sie nett, amüsant und harmlos unterhalten werden und dabei den unerträglich langen Winter dieses Jahres ein für allemal vergessen wollen.


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