Und immer noch Vampire ...
Was immer Sie über die Spezies "Vampire" noch nicht wissen oder schon immer genauer wissen wollten – jetzt können Sie es nachschlagen in Meredith Woerners blutrotem Sammelband. Hier finden Sie alles systematisiert, hübsch angeordnet und illustriert, was irgendwo, sei es in der überlieferten Mythologie, in der Literatur, in Filmen oder in der Popmusik, über die Untoten zu finden ist. Das Büchlein ist angelegt als charakterliche Typisierung der Gattung, garniert mit einer allgemeinen Einleitung, mit Tipps, wie wir mit diesen Wesen im Alltag umgehen können, und mit einem wissenschaftlichen Apparat (Glossar, Literaturnachweis).
Die Autorin stellt uns nacheinander vor, in welchen Ausprägungen diese Spezies vorkommt, und porträtiert sie anschaulich – vom romantischen Hemophago über den bösen, den tragischen, den geselligen und den Kinder-Vampir bis zum Underdog, der als Dienstbote niedere Dienste leisten muss. Diese Typen unterscheiden sich nicht nur durch äußere Erkennungsmerkmale, wie Zähne, Finger, Augen u.ä., sondern auch durch ihre Fähigkeiten: Manche haben ein eingebautes GPS, andere paraphänomenale Wahrnehmung. So wie sich diese Existenzen in der Öffentlichkeit typischerweise verhalten – insbesondere wie sie sich an uns wenige noch verbliebene "normalen" Bürger der Gesellschaft heranmachen -, ist unsere höchste Wachsamkeit gefordert, und dies ist das Thema des praxisnahen letzten Kapitels.
Roman Polanskis Film "Tanz der Vampire" (1967) persifliert das Genre und informiert den Zuschauer ganz nebenbei in skurril überzeichneter, höchst amüsanter Verpackung über alles, was man über Vampirismus wissen muss. Ein nettes kleines Büchlein mit einem der meisterlichsten Filme aller Zeiten zu vergleichen ist natürlich unfair; dennoch darf man feststellen, dass Meredith Woerners Konzept nicht sehr tragfähig ist und den Leser nicht gerade vom Hocker reißt: Ihr Bändchen soll witzig und locker rüberkommen, nimmt die Vampirwelt scheinbar mit leichter Ironie unter die Lupe, doch die pseudowissenschaftliche Aufbereitung wirkt gewollt und ist dann so lustig auch wieder nicht. Im Endeffekt schmunzelt man ab und an über die Formulierungen – mehr nicht.
Nach Jahren des Vampir-Hypes und unzähliger Romane kommt hier halt noch eine Art Nachklatsch in die vorweihnachtlichen Läden, die die Manie verständlicherweise "bi(s)" zum letzten Tropfen aussaugen möchten. Für Fans bieten sich vielleicht ganz amüsante Wiedererkennungseffekte, für Nicht-Fans aber sicher keine Anreize, einer zu werden.
Übersetzt wurde das Buch übrigens von einer "Claudia Sanguinantis". Dies halte ich für ein Pseudonym und einen netten Gimmick des Verlags (Lateinisch "sanguinantis" heißt "blutgierig"). Falls die Dame allerdings wirklich so heißt, bitte ich um Verschonung vor Rache ...