Rezension zu »Die Stadt der Toten« von Sara Gran

Die Stadt der Toten

von


Kriminalroman · Droemer · · Taschenbuch · 368 S. · ISBN 9783426226094
Sprache: de · Herkunft: us

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Die Retter in Not

Rezension vom 13.09.2012 · 2 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Alle lügen, nur die eine nicht, und die heißt Claire DeWitt. Sie liebt die Wahrheit, auch wenn sie geschäftsbedingt bisweilen zur Lüge in der Not greifen muss. Sie ist die Protagonistin in Sara Grans unkonventionellem Krimi "Die Stadt der Toten". Obwohl erst 35, gibt sie sich schon länger als seriöse Vierzigerin aus. Claire ist Privatdetektivin, und sie rühmt sich, die beste Ermittlerin der Welt zu sein, seit ihre Lehrmeisterin Constance Darling verstorben ist und sie deren Platz eingenommen hat.

Schon als Kind ist Claire zusammen mit ihren Freundinnen Tracy und Kelly auf Spurensuche gegangen. Dann verschwand Tracy unauffindbar. Aber die Tattoos auf Claires Handrücken sind ihr geblieben: T auf dem linken, K auf dem rechten.

Mit einem Experimentierkasten für kleine Detektivinnen fing alles an. Nach einem Wohnungseinbruch in Claires Elternhaus konnten die Mädels damit Fingerabdrücke nehmen, und dabei entdeckten sie auch im seit Jahren unbenutzten Speisenaufzug ein Taschenbuch: "Détection" von Jacques Silette, ein "echter Einblick in die AUFREGENDE Gedankenwelt von Frankreichs führendem Kriminalisten". Das Buch veränderte ihre Sicht auf das Leben: Sie fanden darin eine Welt, in der aufmerksame Menschen alle Rätsel lösen konnten, und wurden süchtig danach. Später mussten sie sich ihren Irrtum eingestehen: Die Realität ist ganz anders ...

Claires Assistenzzeit bei Constance Darling war abwechslungsreich. Man lud zum Beispiel einen Meditationscoach ins Haus, um gemeinsam einen Deutschen Schäferhund zu verhören, nicht ohne dazu ein Tässchen anregenden Pilztees zu schlürfen.

Nun, im Januar 2007, erhält Claire einen neuen Auftrag. In New Orleans, der Stadt mit der höchsten Zahl von Morden und gleichzeitig der niedrigsten Aufklärungsrate des Landes, ist Staatsanwalt Vic Willing verschwunden. Er ist einer von wenigen Weißen, der nicht korrupt ist, der sich für die Schwarzen und vom Schicksal hart Getroffenen immer engagiert hat. Im Wirbelsturm Katrina 2005 hat man ihn zuletzt gesehen. Sein Erbneffe Leon möchte nun Gewissheit haben: Claire soll herausfinden, was mit ihm passiert ist.

Und sofort geht sie medias in res. Verkleidet und unter dem Alias Sylvia Welsch taucht sie ab in die Szene der schwarzen Gangs und der Obdachlosen und stürzt sich in den alljährlichen Karnevalsumzug Mardi Gras. Schritt für Schritt den sich einstellenden Hinweisen folgend, findet sie am Schluss die Lösung des Rätsels.

Die wichtigsten Instrumentarien, auf die sich Claires Ermittlertätigkeit stützt, sind folgende: ihre Bibel "Détection"; ihre Würfel I Ging, aus deren zufällig entstehenden Hexagrammen sie Deutungsansätze liest; dazu halluzinogene Drogen, die ihr Bewusstsein erweitern. Diese Mixtur stürzt sie in Visionen, der Realität zum Fürchten nahe; des Nachts übermannen sie sie in bedrohlichen Träumen.

Sara Gran nimmt sich in "Die Stadt der Toten" (Claire DeWitt and the City of the Dead, übersetzt von Eva Bonné) viel Zeit, um ihre Figuren aufzubereiten und vor allem das Kolorit einer ganz besonderen Stadt zu erfassen. Noch zwei Jahre nach dem verheerenden Sturm herrschen dort kriegsähnliche Zustände, und man scheint geradezu darauf zu warten, dass die Schwarzen, die Obdachlosen, die Drogenabhängigen auf welche Art auch immer verrecken, so als ob sich das Übel selber ausmerzen sollte ...

Der atmosphärisch dichte Mittelteil dieses Krimis ist sehr ruhig und wird getragen von vielen Erinnerungen und Impressionen Claires, der Ich-Erzählerin. Während Sara Grans Schreibstil und Strukturierungsmethode oft eher verrätseln als Klartext liefern, nimmt ihre Sozialkritik hier konkrete Gestalt an. Wir befinden uns – metaphorisch gesprochen – sozusagen mitten im Auge des Taifuns. Wenn der Sturm dann wieder mehr und mehr Fahrt aufnimmt, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Wenn Sie's niemandem verraten, folgt nun des Rätsels Lösung: Retten wollen beide Retter, doch der eine Retter kann nicht gerettet werden, und der andere wird büßen müssen ...


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