Rezension zu »Pelle di bandito« von Piero Livi

Pelle di bandito

von Piero Livi


Film · · 101 Min.
Sprache: it · Herkunft: it · Region: Sardinien

Klicken Sie auf die folgenden Links, um sich bei Amazon über die Produkte zu informieren. Erst wenn Sie dort etwas kaufen, erhalte ich – ohne Mehrkosten für Sie! – eine kleine Provision. Danke für Ihre Unterstützung! Mehr dazu hier.

Eskalation

Rezension vom 19.06.2016 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Piero Livis pessimistischer Schwarz-Weiß-Film erzählt von der Eskalation der Gewalt in den Sech­ziger­jahren auf Sardinien: Während der bandi­tismo zu reiner Krimi­nalität ausartet und immer brutaler wütet, rüstet der Staat Waffen und Truppen auf, um ihn aus­zumer­zen. An der Einstel­lung der sardi­schen Bevöl­kerung ändert das nicht viel: Die banditi werden weiter­hin als Helden verehrt, die Obrig­keit und die Gesetze vom conti­nente bleiben verhasste Feinde, die Leute hüllen sich in Schwei­gen. Folge­richtig endet der Film so, wie er ange­fangen hat: mit einem Jungen, dessen krimi­nelle Zukunft abzu­sehen ist.

Livi orientiert sich am Werdegang von Graziano »Grazia­neddu« Mesina (*1942), einem popu­lären sizilia­nischen Entführer, Outlaw und notori­schen Aus­brecher. Schau­platz ist das zweit­höchste Gebirge der Insel, der Supra­monte, ein sprödes, zerklüf­tetes Karstge­birge südöstlich von Oliena und nördlich des Gennar­gentu-Massivs.

Der junge Mariano De Linna begeht einen Mord aus Blutrache (»fratello per fratello«) und endet dafür im Gefäng­nis. Dort sucht der Spanier Pedro Alfonso Rodri­guez Gomez, Ex-Fremden­legio­när und Autodieb, seine Kamerad­schaft. Die beiden brechen aus und fliehen in die weglosen Berge, wo sich ihnen einige Männer anschließen.

Die Carabinieri können die Ausbrecher nicht fassen, obwohl sie Straßen­sperren errichten, Häuser durch­suchen, Verdäch­tige festneh­men, immer höhere Beloh­nungen aussetzen. Doch die Banditen bringen jeden Ver­räter um (»Così muoiono gli amici della legge.«). Unter dem Druck der öffent­lichen Meinung auf dem Fest­land zieht die Polizei die Schraube weiter an: Eine 600 Mann starke Elite­truppe für den Guerilla­kampf, »I baschi blu«, rückt inklusive Hub­schrau­ber an; jetzt will man rück­sichts­los durch­greifen.

Auch Pedro und Mariano stacheln ihre Männer auf. Sie können sie überzeugen, dass die altherge­brachten Ver­haltens­weisen der Briganten – immer nur auf l’onore bedacht – fruchtlos und un­zeitge­mäß sind; man müsse sich zu­sammen­schließen, sich organi­sieren, sich modern bewaff­nen, um »den Reichen« Geld abzu­knöp­fen, und zwar durch mit­leid­lose Entfüh­rungen. Das Konzept findet Zustim­mung, und bald ist niemand, der näch­tens im Auto über Land fährt, mehr sicher davor, in die Berge verschleppt zu werden, bis riesige Löse­geld­sum­men übergeben sind.

Mariano und Pedro fühlen sich sehr sicher. Diente ihre Geldgier ursprüng­lich privaten Zielen (»Possiamo aiutare le nostre famiglie, pagare le spese dei nostri processi, e vivere meglio.«), so unter­füttern sie ihr barba­risches Verbrecher­tum jetzt mit einer abstrusen pseudo­sozialis­tischen Ideologie, die ihre Taten als »giustizia sociale« deutet. In geheimen Treffen posiert Mariano, Pistole im Gürtel, vor Journa­listen, die seine ver­quaste Selbst­dar­stel­lung als Kämpfer gegen »i ricchi« und »lo stato« proto­kollie­ren sollen. Dahin­ter schim­mert freilich immer noch schlichter Egoismus durch: »Ho rubato per fame, e ucciso per ven­detta, e ora mi faccio la pensione per la vecchiaia.«

Das Blatt wendet sich, als Pedro bei einem Feuer­gefecht getötet wird. Mariano fühlt sich allein und erschöpft, ebenso wie seine Männer. Trost findet er bei der jungen Stefania. Am Ende tappt er in eine Falle der Carabi­nieri und lässt sich wider­stands­los festnehmen; der Grund bleibt offen: Hat er aufgegeben? Will er seiner Mutter das Kopfgeld zukommen lassen?

Piero Livis Film verzichtet fast vollkommen auf Folklore­szenen und ist gänzlich un­roman­tisch. Er erzählt die etwas plakative Handlung in lako­nisch knappen Szenen mit atem­berau­benden Schnitt­folgen und raschen Wechseln. Die Kamera bleibt den Protago­nisten mit eindring­lichen Groß­aufnah­men dicht auf der Pelle, was oft einen heroisie­renden Effekt mit sich bringt. Die Sprache ist recht gut zu verstehen, auch Pedros Misch­masch aus Spanisch und Italie­nisch.


»Pelle di bandito« auf YouTube suchen

»Pelle di bandito« auf unserer YouTube-Playlist suchen

Die besten sardischen Filme aus hundert Jahren Die besten sardischen Filme aus hundert Jahren


War dieser Artikel hilfreich für Sie?

Ja Nein

Hinweis zum Datenschutz:
Um Verfälschungen durch Mehrfach-Klicks und automatische Webcrawler zu verhindern, wird Ihr Klick nicht sofort berücksichtigt, sondern erst nach Freischaltung. Zu diesem Zweck speichern wir Ihre IP und Ihr Votum unter Beachtung der Vorschriften der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Nähere Hinweise finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Indem Sie auf »Ja« oder »Nein« klicken, erklären Sie Ihr Einverständnis mit der Verarbeitung Ihrer Daten.

Klicken Sie auf die folgenden Links, um sich bei Amazon über die Produkte zu informieren. Erst wenn Sie dort etwas kaufen, erhalte ich – ohne Mehrkosten für Sie! – eine kleine Provision. Danke für Ihre Unterstützung! Mehr dazu hier.

»Pelle di bandito« von Piero Livi
ist derzeit nicht im Handel erhältlich.


Kommentare

Zu »Pelle di bandito« von Piero Livi wurde noch kein Kommentar verfasst.

Schreiben Sie hier den ersten Kommentar:
Ihre E-Mail wird hier nicht abgefragt. Bitte tragen Sie hier NICHTS ein.
Ihre Homepage wird hier nicht abgefragt. Bitte tragen Sie hier NICHTS ein.
Hinweis zum Datenschutz:
Um Missbrauch (Spam, Hetze etc.) zu verhindern, speichern wir Ihre IP und Ihre obigen Eingaben, sobald Sie sie absenden. Sie erhalten dann umgehend eine E-Mail mit einem Freischaltlink, mit dem Sie Ihren Kommentar veröffentlichen.
Die Speicherung Ihrer Daten geschieht unter Beachtung der Vorschriften der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Nähere Hinweise finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Indem Sie auf »Senden« klicken, erklären Sie Ihr Einverständnis mit der Verarbeitung Ihrer Daten.


Go to Top