Rezension zu »Kalte Monde« von Manfred Wieninger

Kalte Monde

von


Heimatkrimi · Haymon · · Taschenbuch · 236 S. · ISBN 9783852185149
Sprache: de · Herkunft: at

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Diskont-Detektiv Marek Miert: gefragt wie die Vogelgrippe

Rezension vom 06.07.2010 · 6 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Der hierzulande noch nicht sehr bekannte Niederösterreicher Manfred Wieninger hat 1999 mit seinem Buch "Der dreizehnte Mann" eine Krimireihe um den Kommissar Marek Miert begonnen. "Kalte Monde" erschien erstmals 2006 in gebundener Form und 2008 als Taschenbuch. Sein neuestes Werk veröffentlichte er im Februar 2010 unter dem Titel "Prinzessin Rauschkind".

Wieninger ist heimatverbunden. Geboren wurde er in St. Pölten, und da wohnt er noch heute. Seine Krimis spielen in Harland, einem vor siebzig Jahren eingemeindeten Ortsteil von St. Pölten. Hier scheint die Welt stehengeblieben zu sein. Die Menschen, die wir in den Romanen finden, sind tief verwurzelt in ihrem Umfeld, wo sie dann oft genug tief in Vorurteilen stecken.

"Diskont-Detektiv" Marek Miert ist ein wohlbeleibter, kauziger, kantiger Typ. Er verweigert alle Aufträge, die ihm unseriös vorkommen. So ist er immer "klamm", hockt in seiner kleinen Wohnung am Schreibtisch und mümmelt Mozartkugeln und Mannerschnitten, das kultige österreichische Waffelgebäck, bei uns auch als Neapolitaner bekannt. Wenn's ihm gar zu fad wird, genießt er den Besuch der Zeugen Jehovas.

Da ist es doch verwunderlich, dass der Parlamentsabgeordnete Horst Heider (mit -ei-, nicht -ai-!) ausgerechnet Miert als Leibwächter für seinen Abgeordneten-Kollegen Helmar Topf engagieren möchte. Der führt einen Krieg gegen Obdachlose. Seine Parolen – Typ "Ausländer sind Untermenschen" – finden Zuspruch, denn es gibt sie immer noch, die Gesinnung der Vergangenheit mit ihren Verbindungen zurück in braune Zeiten.

Ein grausamer Mord ist der Auslöser für den Krimi-Plot in diesem sehr markanten, individuellen Roman. Als Miert sich zu sehr einmischt, wird er krankenhausreif geschlagen. Der Autor möchte aber mehr als nur Krimi-Spannung: Er bezieht Stellung, kritisiert Politik und Gesellschaft. Bedrückend liest sich die Beschreibung des Zementwerks in der Südstadt: Heute verheizt es Autoreifen und anderen Müll. "Früher hatte es Zwangsarbeiter verheizt ... oder zu Matsch geschlagene Juden".

Manfred Wieniger hält unserer Zeit einen Spiegel vor Augen. In den täglichen Fernsehshows wird die nicht mehr zu überbietende Dummheit und Oberflächlichkeit der heutigen Generation Mensch präsentiert. Schon beim Frühstück geht es los mit diesen Un-Themen: Hausmeister erörtert seine Hodengröße – ungeschützter Sex mit Hühnern – Schoßhündchen leckt Erdbeermarmelade von Brustwarzen ...

Genüsslich zeichnet (bzw. überzeichnet) der Autor mit spitzem und spottendem Humor das Lokalkolorit und das Erscheinungsbild seiner Figuren: Mierts erster Kunde hat "ein falten-, narben-, haarloses Botox-Gesicht, wie aus Vanillepudding modelliert". Aufzählungen ohne Ende und besonders die kühnen Vergleiche – "Der Autoverkehr ist so dicht wie Nierensteine aus Calciumcarbonat"; "Inspektor Gruber klingt wie ein depressiver Dean Martin mit Polypen" – bezeugen Wienigers sprachliche Artistik und verleihen dem Roman einen eigenwilligen Esprit.

Im übrigen kann Miert "so gut kochen, wie der alte Beethoven zuhören konnte". Trotz seiner eigenen ungesunden Gewohnheiten teilt er Tritte gegen Fast-Food-Ketten und andere Schwachstellen moderner Ernährung aus: "Industriefraß vom Fließband"; "Die Mikrowelle ist der Untergang des Abendlandes." Er selbst "stemmt" gerne eine Leberkässemmel zum Mund, und das ist denn auch seine einzige sportliche Betätigung ... Da weiß man, wen man vor Augen hat, wenn man an Marek Miert denkt.

Dies ist ein amüsanter, kurzweiliger Heimatkrimi, der die unterschiedlichsten Leser begeistern kann – sowohl solche, die Spannung erwarten, als auch sozialkritisch engagierte, dann solche, die Spaß an sprachlichen und menschlichen Skurrilitäten haben, und natürlich Österreich-Fans!

Mir hat's gefallen!


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