Rezension zu »Allmen und die Libellen« von Martin Suter

Allmen und die Libellen

von


Krimi · Diogenes · · Gebunden · 195 S. · ISBN 9783257067774
Sprache: de · Herkunft: ch

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Allmen, ein seltener Mensch

Rezension vom 21.01.2011 · 2 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

Der Schweizer Bestseller-Autor Martin Suter hat mit seinem neuen Roman "Allmen und Libellen" einen Ausflug ins Krimi-Genre unternommen. Mit Allmen hat er eine Figur geschaffen, die man sich so in der heutigen Zeit kaum realistisch vorstellen kann. Sein Vater, ein bauernschlauer Bauer, hat sein Leben lang mit einem Ziel vor Augen geschuftet, dass es nämlich seinem Sohn, einem Bummelstudenten, an nichts mangeln möge. Er hinterlässt ihm ein Millionenerbe. Bei etwas Umsicht und durch geschickte Geldanlage hätte der Studiosus nie arbeiten müssen, aber mit schnöden Zahlen beschäftigt er sich nicht - das wäre unter seiner Würde.

Selbstverliebt bis in seinen vollständigen Namen (Johann Friedrich von Allmen), ist Allmen ein blasierter Edelmann mit einem Gespür für Sprachen und der Sucht zu lesen. Während seine Gedanken in Werke der Weltliteratur, der Klassiker, in Reiseberichte und sogar Gebrauchsanleitungen abschweifen, betört ihn im Hintergrund die Stimme der Callas, die ihm Puccinis "La Bohème" gibt. Das schon vom Vater initiierte Opernabonnement für zwei Personen ist ein Kernstück seiner Lebensnotwendigkeiten. Zwar hat er den zweiten Platz notgedrungen untervermietet, aber distinguiert, mit leichter Distanz zum einfachen Publikum, promeniert er doch gern nach einem Cocktail in der Bar zu seinem Platz. Adäquat bewegt wird er nur in Herrn Arnolds Taxi, einem 78-er Cadillac Fleetwood. Selbst Hand ans Steuer eines Autos zu legen ist einfach nur eine lächerliche Vorstellung.

Es dauert also nicht lange, bis Allmen seinen anfänglichen Reichtum verprasst, die väterliche Kunstsammlung verscherbelt, die Villa mit riesigem Park einschließlich lebenslangem Wohnrecht im Gärtnerhaus verkauft hat. Überall lauern ihm Gläubiger auf, und selbst bei seinem treuen Diener Carlos, der ihn liebevoll Don John nennt und alles für ihn tut, hat er Schulden.

Nun ist der Mann pleite, wahrt aber nach außen weiterhin den Schein des feinsinnigen, verschwenderischen Gentlemans. Überall lässt er anschreiben, verteilt aber großzügige Trinkgelder, um - denn das ist ihm sehr wichtig - nicht an Kreditwürdigkeit zu verlieren. Dass er beginnt, in Antiquitätenläden zu klauen, ist eigentlich nicht sein Stil. Suter gelingt es, diesen Menschen so zu porträtieren, dass ihn der Leser nicht einmal dafür verurteilt: Irgendwie gestehen wir ihm diese kleinen Fluchten zu; denn wie trostlos sähe sein Alltag aus ohne die Besuche im gediegenen italienischen Café Viennois. Hier nimmt er seinen Milchkaffee zu sich, nickt dezent den längst bekannten Gesichtern zu. Anschließend macht er einen Abstecher zu seinem Freund Tanner, einem dezenten Antiquitätenhändler, der still alles abnimmt, ohne nach der Herkunft zu fragen.

So perfektioniert Allmen seine Diebstähle mit Berechnung. Er muss ja auch einfach nur zugreifen, als er z.B. bei einer schwerreichen Dame übernachtet: Das Nachbarzimmer ist ein musealer Raum voller kostbarer Jugendstil-Gallé-Schalen.

Damit beginnt der eigentliche kriminalistische Plot. Am Ende des Romans hat Allmen ein kleines Startkapital für eine zündende Geschäftsidee. Carlos und er gründen die "International Inquiries". "Glauben Sie, das wäre ein Beruf für uns?", fragt Allmen. "Cómo no, Don John."

Fortsetzung folgt. Ich freu mich drauf.

P.S.: Wieviel "Martin Suter" steckt in "Allmen"? Suter ist ein stiller, zurückhaltender, immer beherrschter Genuss-Mensch. Wenn ein neues Buch entsteht, arbeitet er diszipliniert in strengem Stundenraster. Einige Monate des Jahres verbringt er auf seinem großen Anwesen in Guatemala, wo zahlreiche einheimische Angestellte (darunter vielleicht auch ein "Diener Carlos") der Familie den Haushalt und die Landwirtschaft führen. Suter baut Kaffee, Oliven, Wein und anderes an - nicht des Umsatzes wegen, sondern aus Neugier und Freude am Experimentieren. Er lässt sich alles erklären, probiert alles aus, lässt es sich nicht nehmen, bei der Ernte mittendrin zu helfen. Nie aber käme es ihm in den Sinn, sich dabei wirklich schmutzig zu machen oder auch nur passende Arbeitskleidung anzuziehen. Stets ist er in feinen Zwirn und edle Lederslipper gewandet - ein Gentleman-Bauer.


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