Rezension zu »Eifersucht« von Jo Nesbø

Eifersucht

von


Sieben Geschichten zu einem uralten Thema der Menschheit. Der weltberühmte Thrillerautor weiß den unzähligen literarischen Vorgängern außer belangloser Unterhaltung leider nichts von Bedeutung hinzuzufügen.
Erzählungen · Ullstein · · 272 S. · ISBN 9783550201523
Sprache: de · Herkunft: no

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Nichts Neues wg. O.

Rezension vom 13.03.2022 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Wie zu so vielen menschlichen Regungen hat William Shake­speare schon alles gesagt, was man über Eifer­sucht wissen muss. Und wie er das vermit­telt! Seine Tragödie »Othello« schlägt seit 1603 Millionen Zuschauer für Stunden in ihren Bann, versetzt Jung und Alt, Arm und Reich, doctores und simplices gleicher­maßen in Gefühls­wallun­gen, in Staunen und in Spannung. Unzählige Literaten haben weitere Beiträge zu dem Gefühls­gemisch verfasst, das manche für einen Liebes­nach­weis halten, die meisten aber für rein teufl­isch.

Nun hat sich auch Jo Nesbø eingereiht – Sie wissen schon: der norwe­gische Harry-Hole-Schöpfer und Reprä­sentant skan­dinavi­scher Thriller-Kultur. Das passt schon zusammen, denn hat einen die Eifer­sucht erst einmal durch­seucht, ist es gar kein so großer Schritt mehr hin zu Mord und Totschlag. Davor warnt gleich das Zitat (aus »Othello« natürlich), das Nesbø seiner Sammlung voran­stellt.

Zwischen sieben und einhundertzwanzig Seiten sind die sieben Geschich­ten lang und ebenso unter­schied­lich in ihrem Reiz. Die umfang­reichste heißt schlicht »Eifer­sucht«, hat als Protago­nisten einen echten Ermittler, und zwar einen keines­wegs ›sauberen‹, und sie verläuft angenehm wendungs­reich bis zum über­raschen­den Ende. Die Handlung ist hübsch exotisch und urlaubs­affin auf einer griechi­schen Insel ange­siedelt, wo sich zwei Brüder in dieselbe Frau verliebt haben. Jetzt wird einer von ihnen vermisst.

»London«, die Eingangsgeschichte von knapp 25 Seiten, macht Spaß, weil sie ein wenig paradox anfängt, mit allerlei Statis­tischem und Makabrem unterhält und raffi­niert endet. So ist die Wahr­schein­lich­keit, an Bord eines Fliegers einen tödlichen Herz­infarkt zu erleiden, (angeblich) größer als die, bei einem Absturz zu sterben. In der Business-Class eines Trans­atlantik­fluges kommt eine veräng­stigt wirkende Dame mit ihrem Sitz­nach­barn ins Gespräch und offen­bart ihm eine Reihe ehelicher Geheim­nisse. Dass ihr Ehemann sie mit ihrer besten Freundin betrüge, schmerzt sie besonders. Jetzt hofft sie »geradezu, dass das Flugzeug abstürzt«. Und wenn das nicht passieren sollte, hat sie auch schon einen Plan B im Kopf.

»Irgendjemand muss den ganzen Mist ja wegräumen.« Das ist die Quint­essenz, die ein Müllmann am Ende der vierten Geschichte (»Abfall«) zieht, nachdem ihm während seines gesamten Arbeits­tages die Streitig­keiten mit seiner Frau nicht aus dem Kopf gegangen sind. Und auch in der darauf­folgen­den Erzählung (»Geständ­nis«, die zweit­kürzeste) geht es makaber zu. Eine Frau wurde vergiftet, und ihr Mann möchte der Polizei bei der Auf­klärung des Mordes helfen.

Zwei der verbleibenden drei Texte fallen wie Lücken­büßer oder Füll­material aus der Reihe. »Die Warte­schlange«, der kürzeste, erzählt von Vor­dräng­lern diverser sozialer Prove­nienz und endet mit erhobenem Zeige­finger, was so gar nicht in die leichte Unter­haltung der Umge­bung mit ihrem ironisch-makabren Grund­ton passen will. »Odd« dagegen ist einfach nur belanglos und öde, wie so manche Literatur, in der Schrift­steller nur um ihre eigenen künstle­rischen Schwierig­keiten kreisen und sich damit wichtiger nehmen als die Inter­essen ihres Publikums. Mit dem Titel­begriff ist nicht das bedeu­tungs­schil­lernde englische Adjektiv gemeint, sondern ein Best­seller-Autor namens Odd Rimmen, der sich aus der Öffent­lichkeit zurück­zieht, weil es ihm an Ein­gebun­gen zu einer neuen Story fehlt. Auch daraus kann man einen Hype insze­nieren.

Den versöhnlich-heiteren Abschluss des Siebener-Reigens bildet »Ohrring« (21 Seiten). Da nimmt eine korpu­lente Frau auf der Rück­bank eines Taxis Platz – und schreit auf, denn sie landet genau auf dem Schmuck­stück, das die vorherige Passa­gierin verloren hatte.

Sofern es jemanden gibt, der Jo Nesbø noch nicht kennt und sich aus­gerech­net mit diesem Band ein erstes Bild machen möchte, mögen ihm die Erzäh­lungen einen ganz unter­halt­samen Einstieg bereiten, ohne ihn indes auf die richtige Fährte zu setzen, denn der Autor hat erheblich mehr auf dem Kasten. Aus eben diesem Grunde ist das Sammel­surium für Kenner und Fans eher ent­täu­schend. Unter die Haut geht ihnen hier nichts, und Harry Hole fehlt schmerz­lich.


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