Mord eines Geliebten – Strafverfolgung frei auf italienische Art
Maggior Filippo Guarino aus dem Kommissariat Maghera wendet sich an die Questura in Venedig. Er ist Fachmann auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität mit dem Spezialgebiet Umweltverschmutzung. Schon lange hat er die Mülltransporte im Visier. Lastwagen, die Obst und Gemüse nach Nordeuropa exportieren, sind auf dem Rückweg mit Giftmüll, im Extremfall radioaktivem Material beladen. Die Camorra lässt sich ihre "stille Post" gut bezahlen. Wusste Stefano Ranzato zuviel? Er wurde in seinem Büro erschossen.
Der angesehene Geschäftsmann Maurizio Cataldo besitzt eine Spedition und ein Abfallentsorgungsunternehmen. Gehört er mit zum Kreis der Kriminellen? In der venezianischen Gesellschaft ist er jedenfalls angesehen und ein gern gesehener Gast, denn er ist mit der dreißig Jahre jüngeren Franca Marinello verheiratet. So genießt es Commissario Guido Brunetti, dass er anlässlich einer Abendgesellschaft, zu der seine Schwiegereltern Conte und Contessa Falier geladen haben, Franca kennenlernen kann.
Eines Tages findet man Maggior Filippo Guarino, durch einen Kopfschuss tödlich verletzt, im Petrochemie-Komplex in Maghera. Was hatte er dort zu suchen? Brunetti wird von seinem Vorgesetzten, Vice-Questore Patta, mit den Ermittlungen beauftragt.
Wer Donna Leons Krimis seit Jahren liest, weiß, dass der kriminalistische Plot manchmal mehr, manchmal weniger spannend ist. In ihrem achtzehnten Fall "Schöner Schein" rankt sich die Aufklärung des Verbrechens wie ein Efeugewächs durch den Roman, und zwar auf sprachlich sorgsam gepflegtem Niveau. Mit dem logisch überzeugenden Schluss schneidet die Autorin das gewucherte Unrecht tief im Stamm ab - bis es alsbald frisches Grün treiben und eine Neuauflage, die neunzehnte, vorliegen wird ...
Es ist genial, wie eine Amerikanerin dem Leser das Feeling Venedigs, dieser einzigartigen Stadt, vermittelt (in der sie seit 1981 lebt). Ihre Bücher zu lesen ist wie ein Kurzurlaub mit Besuch bei lieben Freunden.
Die Familie Brunetti - Guido, Paola (die charmante Feministin) und ihre gut erzogenen Kinder - sind uns ans Herz gewachsen. Wie gerne begleiten wir den Commissario in die Questura! Dort treffen wir Signorina Elettra, die Perfektionistin - und ohne den Vice-Questore Patta wäre das Vergnügen dieser Romane unvollständig. Er ist die aufgeschlagene Milch im Latte Macchiato. Immer wieder muss er, die personifizierte Bescheidenheit, dezent auf seine gesellschaftlichen Beziehungen, seine Mitgliedschaft im Lions Club und überhaupt die Wichtigkeit seiner Person hinweisen. Alle wissen, wie schwer er an seiner Verantwortung trägt, und verstehen seine Erleichterung, wenn er die weniger wichtigen Alltagsgeschäfte - wie etwa polizeiliche Recherchen in einem Kriminalfall - auf Brunetti abschieben kann. Dieser wiederum spielt das Spiel mit, gibt die Rolle des Ehrerbietigen mit schauspielerischer Perfektion und amüsiert damit nicht nur uns Leser.
Ein schöner, leichter Sommerkrimi!