
Bewährte Weihnachtskrimikost
Fünfzehn Erzählungen von sechs amerikanischen Autorinnen und neun Autoren warten in diesem über dreihundert Seiten starken Taschenbuch darauf, in emotionsschwangerer Winterzeit verschmökert zu werden. Sie haben das Setting der Weihnachtszeit gemeinsam, aber süßliche Stimmung verbreiten sie nicht. Sie spielen mit allerlei Illegalem zwischen kleinen Betrügereien und handfestem Mord und eignen sich daher trefflich, um Weihnachtsrummel, -deko, -liedern und -stress für ein Weilchen zu entfliehen. Kein Horror wird Sie bis in Ihre Träume verfolgen, und was da knistert, ist auch weniger die Spannung der Geschichten als das Holzscheit in Ihrem Kaminfeuer.
Bücher und Musik-CDs für die Advents-
und Weihnachtszeit finden Sie hier.
Versteht sich von selbst, dass bei so vielen Verfassern, Stilen und Themen nicht jede Geschichte gleichermaßen Anklang finden kann, auch wenn es sich durchweg um preisgekrönte Autoren und gut gestaltete konventionelle Texte handelt. Aber es geht hier ja um kurzweilige Entspannung, und da gilt: variatio delectat.
Da tummeln sich Betrüger, Einbrecher, falsche Weihnachtsmänner und Kunstfälscher. Geister gehen um, ein Zauberer und seine Assistentin machen zwei berühmt-berüchtigte Verbrecher dingfest. Ein alter Trapper verdient sich ein bisschen Trinkgeld dafür, dass er wahre Geschichten zum Besten gibt, zum Beispiel die von einem Trickbetrüger, der sogar Petrus hereinzulegen vermochte (oder ist ihm der Teufel auf den Leim gegangen?). Und kann es einen bedauernswerteren Pechvogel geben als den Glückspilz, dem sein millionenschwerer Lottoschein abhanden kommt?
Von alten Bräuchen und Traditionen erzählen zwei Autoren. In Sharyn McCrumbs Kurzkrimi »Der Erstfüßler« bekommt die Protagonistin Flora mitten in der Hogmanay-Nacht (dem schottischen Silvester) Besuch von einem Einbrecher und bewirtet ihn ausgiebig nach alter Sitte, denn sie ist (wie ihre Autorin) stolz auf ihre schottischen Wurzeln. Wie soll der Mann da seinem Beruf nachgehen?
Von russischen Einwanderern und ihren Mythen schreibt Edward D. Hoch in seiner Geschichte »Ein kalter Hauch«. In Russland zieht das Elfenmädchen Koljada mit dem Schlitten von Haus zu Haus, um den Kindern Geschenke zu bringen. Davon wissen auch die Kinder der Emigrantenfamilien, die auf einem Universitätscampus in Manhattan in alten ehemaligen Fakultätsunterkünften leben. Jetzt behaupten ein paar Fünfjährige, sie hätten Koljada gesehen. Sie habe sie sogar gestreichelt und ihnen Plätzchen und Puppen vor die Tür gelegt. Dann findet man eine Leiche in einem der Häuser ...
Neu an dieser Anthologie ist nur das witzige Titelbild – Glück für den Weihnachtsgartenzwergkiller mit dem blutigen Messer, dass der Durchschuss durch sein Schneekugelheim ihn knapp verfehlt hat! Die Textsammlung hingegen hat sich in 25 Jahren der Reifung bewährt. Charlotte MacLeod (Jahrgang 1922), »Grande Dame« der amerikanischen Kriminalliteratur, hat short stories von vierzehn Schriftstellerkollegen (alle zwischen 1916 und 1948 geboren) ausgewählt, die bei uns kaum bekannt sind (Mary Higgins Clark und Isaac Asimov ausgenommen), aber fast alle mit dem Edgar Allan Poe Award geadelt sind. Das spricht für literarische Qualität und solides Handwerk. Den Band hat sie 1989 unter dem Titel »Mistletoe Mysteries« herausgebracht; 1991 erschien die erste deutsche Ausgabe als »Mord unterm Tannenbaum« bei Knaur; die Dumont-Ausgabe, übersetzt von Gabriela Schönberger, kam 2003 erstmals auf den Gabentisch, wurde 2013 wieder aufgelegt und verlockt jetzt mit dem peppigeren Titelbild.