Rezension zu »Die Weihnachtsgeschwister« von Alexa Hennig von Lange

Die Weihnachtsgeschwister

von


Eine sehr zeitgemäße Erzählung zu und über Weihnachten. Beim Familientreffen prallen Generationen und Individuen mit ihren schwer vereinbaren Werten, Lebensweisen, Vorurteilen, Hoffnungen und Wünschen aufeinander. Wie kann das gut gehen?
Weihnachtliches · Teil der Serie »Weihnachtliches« · Dumont · · 144 S. · ISBN 9783832197759
Sprache: de · Herkunft: de

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Erwachsen werden

Rezension vom 23.11.2019 · 1 x als hilfreich bewertet · noch unkommentiert

In ihrem Buch »Die Weihnachtsgeschwister« bereitet Alexa Hennig von Lange die Problematik familien­fest­licher Dilemmata auf erfri­schende, realitäts­nahe Weise auf. Sie siedelt die Handlung zu Weihnachten an, einem alljährlich wieder­kehren­den Kristal­lisations­kern von bekannter Brisanz. Runde Geburtstage, Hochzeiten und dergleichen bieten ähnliche Bedingungen und Szenarien, aber kein anderes Fest ist emotional derart aufgeladen und überdies unum­gänglich. So ist dies kein »Weih­nachts­buch« im üblichen Sinn – es kommt ohne weih­nacht­liche Romantik, Satire, Andacht, Nostalgie oder Ver­hone­piepe­lung daher, Konsum- und Gesell­schafts­kritik stehen nicht im Vordergrund, und es eignet sich nicht zum Vorlesen für Kinder. Die Stärke der Geschichte beruht auf dem gutem Gespür der Autorin (1973 in Hannover geboren) für das viel­gestal­tige Zu­sammen­leben von Partnern und Kindern unter den komplexen Bedingungen der heutigen Zeit, und sie sieht offenbar Hoffnung, es friedlich bewerk­stelli­gen zu können. Sie erzählt ruhig (allenfalls mit leichter Ironie), wie sich schwelende Konflikte entwickeln, und führt die Handlung überzeugend zu einem warm­herzigen, originellen Happy-End, was zum Schluss dann doch wohltuende Weih­nachts­freude und Frieden aufkommen lässt.

Die Handlung ihrer Geschichte beginnt am Tag vor Heiligabend und taucht die Leser, wie man es vom Titel her erwarten wird, in ein typisch weih­nachts­seliges Setting. Es schneit, und drei erwachsene Geschwister steuern ihre Autos samt Partnern, Kindern, Geschenken, Sack und Pack zu ihrem Elternhaus, wo »Mammchen« und »Papsi« sie gewiss voller Vorfreude erwarten.

Seit sie zu Hause ausgeflogen sind, haben Tamara, Elisabeth und Ingmar unter­schied­liche Wege einge­schlagen – räumlich, beruflich, partner­schaft­lich, welt­anschau­lich, wie das Schicksal eben so spielt. Alle drei sind um die vierzig und ausgeprägte, kritische Charaktere. Außer den Erinne­rungen an ihre gemein­same Kindheit, die sie im Rückblick als durchaus einträchtig, behütet und glücklich empfinden, und die Bindung an die Eltern (ein Pflicht­gefühl?) teilen sie wenig miteinander. Das Weih­nachts­fest im Familien­kreis ist eine rare Gelegen­heit, wenigstens einmal im Jahr mitein­ander in Kontakt zu treten, sich vielleicht wieder ein wenig anzu­nähern, nett zuein­ander zu sein.

Obwohl die Vorsätze gut und die Hoffnungen auf ein harmonisch gestimmtes Fest ernst sind, zerbröseln sie, kaum hat man das elterliche Haus betreten, an der Realität. Wo drei so unter­schied­liche Welten aufein­ander­prallen, ist Streit vorpro­grammiert. Gleich bei der Begrüßung beginnen die Bauch­gefühle aufzu­wallen, verdichten sich zu süffi­santen Gedanken und wechseln im schlimmsten Fall ihren Aggregats­zustand, um als giftige Pfeile hin und her zu fliegen.

Die Älteste ist die Frustrierteste. Sie hat ihre kostbare Lebenszeit, wie sie meint, als Hausfrau und Mutter vertan. Verhasste Routinen (wie für ihre beiden Jungs ungeliebte Butterbrote zu schmieren) haben ihr keinen Raum für sich selbst gelassen. Als sie einst beim Karate ihren Mann kennen­lernte, war er attraktiv und sie sein Alles; jetzt vernach­lässigt er sein Äußeres und ist mit seinem Job verheiratet. Sie und die handy­süch­tigen Söhne belegen seine Auf­merksam­keit nur nachrangig, so dass die Erziehungs­probleme zwangs­läufig an Tamara hängen bleiben.

Wie beneidenswert ist dagegen Elisabeth, die Zweitge­borene, dran! Gut, sie hat zwei Scheidungen hinter sich und zu jedem ihrer beiden Kinder einen anderen Vater. Dass ihre »wankel­mütige Schwester« so erfolg­reich in ihrem Beruf als Über­setzerin sein kann, ist Tamara ein Rätsel. »Pures Glück«, das vergeht, wie alles andere auch, zum Beispiel dieser interes­sante wild­fremde Typ (»Mister Holz­fäller«), den sie mitge­bracht hat. Wie konnte sie den bloß an Land ziehen, wo er doch viel besser zu einer willens­starken, gebil­deten Frau wie Tamara passen würde … Immer­hin, Elisabeth trägt stets ein Lächeln im Gesicht, spricht nett mit allen Anwesen­den und weiß freund­lich zu vermitteln.

Der Dritte und Jüngste im Geschwisterkreis lässt mit seinen Angehö­rigen den Eindruck, sie seien gerne angereist, gar nicht erst aufkommen. Schon Ingmars Äußeres – »Welt­verbes­serer­zopf« samt »Bio-Wollschal« – bezeugt provokant eine konsequent auf Gesundheit, Ökologie und Nachhal­tigkeit ausgerich­tete und somit überlegene Welt­anschau­ung. Seine Ehefrau Siri zeichnet sich vor allem durch Humor­losig­keit aus, und ihr Nachwuchs (Zwillinge) wirkt merkwürdig verweich­licht.

In diesem verminten Beziehungsfeld, wie man es im Prinzip in vielen Familien finden wird, entwickelt Alexa Hennig von Lange eine leicht über­spitzte, unter­halt­same Geschichte ohne päda­gogi­schen Zeige­finger, in der sich jahre­lang gehät­schelte Vorur­teile und aufge­stauter Frust Bahn brechen. Die Charak­tere, ihre Egos, ihre Werte und die unter­schied­liche Art der Lebens­gestal­tung prallen schmerzlich aufein­ander.

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Das Hotel, wo man nach der Anreise die Nacht verbringt, ist ein Ort, wohin man sich zurück­ziehen, sich abregen und Kraft tanken kann, wenn es am Tag darauf an die Vorberei­tung des Heiligen Abends im elterlichen Heim geht. Doch eigen­artiger­weise sind die Eltern dort nicht aufzufinden. Diese Tatsache ist der Auslöser für die weitere unauf­geregte Handlung. Die Geschwister rätseln über den Verbleib der beiden, suchen sie, ohne jedoch eine Spur zu entdecken, geraten aber keineswegs in Panik. In der Annahme, dass sich schon alles zum Guten wenden werde, bereiten sie in Ruhe gemeinsam die Feier vor und gehen dabei ihren Erinne­rungen nach.

In der Tat kommt es zu dem erwarteten Happy End. »Mammchen« und »Papsi«, die ihre Kinder in Liebe großgezogen hatten, wissen um all ihre Schwierig­keiten mit sich selbst und unterein­ander. Mit dem Er­wachsen­werden sind Respekt und Toleranz auf der Strecke geblieben. Jetzt verhelfen die Großeltern den Streit­hähnen dazu, sich auf ihre Wurzeln zu besinnen und wieder zueinander zu finden. Der versöhn­liche Schluss stimmt nachdenk­lich und passt ganz wunder­bar zu Weih­nachten, wie auch immer man es zuzu­bringen gedenkt.


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