Rezension zu »Eine Stimme in der Nacht« von Andrea Camilleri

Eine Stimme in der Nacht

von


Ein Supermarktleiter hängt sich auf, ein Wachmann wird erschossen, eine rassige Studentin erstochen und der Kommissar von einem Tintenfisch bedroht.
Kriminalroman · Teil der Serie »Il commissario Montalbano« · Bastei Lübbe · · 272 S. · ISBN 9783785726129
Sprache: de · Herkunft: it

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Geschäft und Macht, Mafia und Politik

Rezension vom 12.06.2018 · noch unbewertet · noch unkommentiert

Dass Livia früh am Morgen bei Salvo Montalbano anruft, ist ja im Prinzip keine unerfreuliche Überra­schung. Der Anlass schon. Acht­undfünf­zig werde er heute, sagt sie! Die mathe­mati­schen Spitz­findig­keiten, mit denen er die unan­geneh­men Tatsachen wegzu­biegen versucht, vergrätzen nur die Anruferin. Den Tag kann er abhaken. Auf dem Weg ins Kommis­sariat überholt ihn ein junger Drängler auf hals­brecheri­sche Weise und beschimpft ihn auch noch als »Opa« und »Tattergreis«! Das Maß ist voll, und Salvo wird sich ganz gegen seine Art zu einer persön­lichen Rache an dem Flegel hinreißen lassen.

Italienische Originalausgabe:
»Una voce di notte«
(2012, Verlag Sellerio)
Andrea Camilleri: »Una voce di notte« auf Bücher Rezensionen
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In kurzer Zeit bekommt es der commissario mit drei Toten zu tun. Ein Wachmann wird auf Mafia-Art erschossen, Guido Borsel­lino, der Leiter eines Super­markts, erhängt sich in seinem Büro, nachdem ihn Salvo wegen eines angebli­chen Überfalls in die Zange genommen hat, und schließlich meldet just jener Verkehrs­rowdy vom Geburts­tagsmor­gen, er habe seine Verlobte brutal erstochen in seiner Wohnung aufge­funden.

Hat tatsächlich die Polizei Borsellino in den Tod getrieben, wie ein lokaler Fernseh­sender Stimmung macht? Der ewig grantelnde Gerichts­medizi­ner dottor Pasquano sieht das ganz anders. Nach seinen Erkennt­nissen war es gar kein Selbstmord. Und auch der blutige Mordfall der bildhüb­schen Studentin offenbart bald seine Tücken, denn das Verhalten des Rüpels lässt ihn selbst als tat­verdäch­tig erscheinen – aber er steht unter besonde­rem Schutz, denn er heißt Giovanni Strangio, und sein Vater ist der Präsident der Provinz.

So gewinnt eine komplizierte Handlung Fahrt, die mit allerlei Verwick­lungen und Über­raschun­gen aufwartet und in deren Verlauf verschwie­gene Verflech­tungen und hand­feste gemein­same Interessen zwischen hohen Kreisen der Politik und dem bestens orga­nisier­ten Verbechen aufgedeckt werden. Versteht sich, dass solche Leute alle Register ziehen, um sich nicht in die Karten schauen noch von ein paar simplen Polizisten ins Handwerk pfuschen zu lassen. Ein­schüch­tern lassen sich Montalbano und sein bewährtes Team natürlich von nichts und nieman­dem, aber die schlimmen Zustände verfolgen Salvo Montalbano bis in den Traum. Da verhaftet er Al Capone in Chicago …

Wer die Reihe kennt, weiß auch in diesem Band zu schätzen, wie der Autor uns in bewährter Weise mit offenen Karten durch sein Laby­rinth führt. Die Fälle beginnen parallel und verflechten sich dann immer tiefer mitein­ander. Wir dürfen stets dem commissario auf den Fersen bleiben, sind bei all seinen Verhören und den Bespre­chun­gen mit Fazio und Mimì Augello dabei und können also immer mitraten be­ziehungs­weise seinen Gedanken folgen, aus denen sich am Ende die Lösung ergibt. Keine exzes­siven Brutali­täten, keine wüsten Schläge­reien, keine Täu­schun­gen, keine Tricks, keine Geheim­nisse (außer denen der Täter).

Der Protagonist hadert zwar auch diesmal etwas mit seinem un­aufhalt­sam vor­rücken­den Alter, doch das Thema steht nicht im Mittel­punkt seiner Befind­lich­keit. Es bleibt bei gelegent­lichen Anfällen schlechter Laune und ein paar ironi­schen Be­merkun­gen, aber er jammert nicht. Vielmehr tröstet er sich unge­achtet aller gesund­heit­lichen Risiken mit üppigen Portionen aus Enzos und Adelinas Kochtöpfen, begleitet von Wein, Whisky und Zigaretten, über jeden Ärger hinweg. Witzig, dass ein großer (geträumter) Tinten­fisch Rache nimmt, indem er sich einfach nicht verdauen lassen will.

Auch die ewige Beziehung zu Livia, der ligurischen Verlobten, erscheint hier nur in Gestalt der üblichen Miss­verständ­nisse und Gereizt­heiten am Telefon. Nach Auskunft des Autors im Nachwort soll der Leser sich aber nicht wegen Wieder­holun­gen oder Inkon­sisten­zen der Reihe grämen, denn er habe den Roman schon ein paar Jahre früher verfasst und wegen der »ver­schlunge­nen Pfade der ver­legeri­schen Ent­scheidungs­findung« erst später (Oktober 2012) ver­öffent­licht.

Wie immer verbringt man mit commissario Montalbano und seinen Mitstreitern im Kampf für eine etwas bessere Welt ein paar schöne Stunden spannen­der, intelli­genter, humor­voller Unter­hal­tung in vertrauter Umgebung – räumlich, personell und sprachlich, denn auch die Über­setzer Rita Seuss und Walter Kögler gehören mit ihrer sorg­fälti­gen Wortwahl und dem unauf­gereg­ten Ton inzwischen dazu.

Meine Rezension zur Verfilmung dieses Romans (mit einer detail­lierte­ren Inhalts­angabe) finden Sie › hier.


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