Übersicht Montalbano – die Kriminalromane und Kurzgeschichten
von Andrea Camilleri
Rezension der Gesamtserie. Eine komplette, stets aktualisierte Übersicht aller Romane finden Sie hier, aller Erzählungen hier.
Sicilianità im Kriminalroman
Seinen eigentlichen Durchbruch als Autor erlebte Andrea Camilleri erst als fast Siebzigjähriger, nachdem 1994 sein erster Roman über den Kommissar Salvo Montalbano erschien: »La forma dell'acqua« (»Die Form des Wassers«). Davor hatte Camilleri sein Leben lang als Schriftsteller, Journalist, Regisseur und Hochschullehrer gearbeitet. Seine breite literarische, historische und mediale Bildung schlägt sich in allen seinen Büchern nieder, die voller Anspielungen sind und oft uralte Traditionen aufgreifen. Schon den Namen seines Krimi-Protagonisten wählte er zum Beispiel als Reverenz an den spanischen Schriftsteller Manuel Vázquez Montalbán, dessen Detektiv Pepe Carvalho seinem Salvo in vielerlei Hinsicht ähnelt: Beide sind differenzierte Charaktere – fähige Ermittler, sensibel, aber auch leicht reizbar und launisch. Und beide lieben gutes Essen.
Wenn heute der Name Salvo Montalbano fällt, dürfte jeder das markante Gesicht des Schauspielers Luca Zingaretti aus den Fernsehfilmen vor Augen haben. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Andrea Camilleri einen ganz anderen Charakter seines Helden im Sinn hatte und in den frühen Romanen beschrieb (z.B. mit Schnauzbart). In Camilleris Geburtsort Porto Empedocle wurde 2009 eine Statue aufgestellt, mit der der Bildhauer Giuseppe Agnello Camilleris Vorstellungen von seinem Protagonisten nachempfunden haben soll.
Dem ersten Band folgte jedes Jahr ein weiterer Roman, dazu Sammlungen kleiner Erzählungen. So entstand im Laufe der Zeit eine konsistente fiktionale Welt mit einem Inventar fester Figuren – dem Personal des Kommissariats, ihren Angehörigen und Vorgesetzten, Salvos Dauerfreundin, seinem Lieblingskoch, seiner Haushälterin, dem Gerichtsmediziner, einem Journalisten, den lokalen Mafia-Granden. Für jeden Kriminalfall treten weitere Personen hinzu – einige kehren gelegentlich zurück.
Auf Grund gewisser Eigenarten der Schauplätze wurden immer wieder Zuordnungen zur Umgebung von Camilleris Geburtsort Porto Empedocle bei Agrigento versucht, doch der Autor weigert sich, an diesem Spiel teilzunehmen. Er habe die Handlungsorte bewusst mit fiktionalen Namen versehen, um frei zu bleiben: Vigàta, Montelusa, Marinella. Dennoch sind seine Montalbano-Romane wegen der Mentalität der Charaktere und des markanten Einsatzes des lokalen Dialekts in Vokabular, Grammatik und Aussprache in ganz Italien zum Inbegriff sizilianischer Identität (sicilianità) geworden und machten – in über 20 Sprachen übersetzt – den Autor international berühmt und geschätzt wie kaum einen anderen italienischen Schriftsteller.
Neben den »großen« Fällen sind es gerade die Kurzgeschichten, die Montalbanos (und Camilleris) Popularität begründet haben. Diese sizilianischen Miniaturen skizzieren eine ungewöhnliche Situation, oft mit ungewöhnlichen Menschen, und stimulieren oft ebenso ungewöhnliche Reaktionen des Commissario. Sie werfen ein Schlaglicht auf seinen unkonventionellen Gerechtigkeitssinn, der sich nicht immer am Buchstaben der Gesetze festmacht.
Zusätzlich zu etlichen Preisen und Auszeichnungen wurde Camilleri eine weitere, zeitgemäße Ehre zuteil: Seit 1999 wurden seine Bücher durch das italienische Staatsfernsehen RAI verfilmt; daraus sind mittlerweile sogar zwei erfolgreiche Serien entstanden, die auch auf DVDs vertrieben werden.
Buchausgaben in Italienisch und Deutsch • die Kriminalromane • die Kurzgeschichten
Filmserien:
»Il giovane Montalbano« • Rezension • alle Titel, Textgrundlagen, Besprechungen